Press-Schlag: Monster auf'm Rücken, Draht am Arm

Egal ob Wiese, Frings, Beckham oder Totti: Idiotische Tatoos entstellen die Körper von immer mehr Fußballern. Dabei ist doch der Körper ihr Kapital.

Tattoos und Fußball: Armtätowierter Fan des FC St. Pauli. Bild: dpa

Intelligenz und Intuition sind wichtige Wesenszüge eines modernen Fußballspielers. Dennoch bleibt der Körper das entscheidende Kapital eines Sportlers, um es auf dem Konto zu mehren. Auf ihre sehnigen Muskeln sind die Spieler stolz, auf den Body unterm Trikot, auf ihr Work-out. Umso erstaunlicher, dass Fußballer gleichzeitig so inflationär unsere Augen beleidigen – mit ihren Tattoos.

Deren Botschaften der Unästhetik sind von mannigfaltiger Scheußlichkeit – nicht nur bei internationalen Vorreitern wie Beckham oder Totti. Die Bundesliga ist längst auf höchstem Niveau dabei: Werders Andreas Wolf hat ein Monster auf dem Rücken und Tim Wiese das Erbe von Torsten Frings angetreten: die Arme komplett zerstochen.

Jermaine Jones ist sogar ganzkörperverunstaltet, Luiz Gustavo kurz davor. Überall Tigerköpfe, Stacheldraht, Schultergeweihe, Aztekendesign, gruseliges Gekritzel, Spinnennetze, Klingonenmotive. Am schlimmsten treiben es augenscheinlich Bremer und Gladbacher.

Der Borussen-Angreifer Raoul Bobadilla nimmt sogar die Konterfeis von Mama und Papa riesig zur Brust. Familiär verunstaltet sind auch Lucas Barrios und Stefan Kießling mit den Namen der Sohnemänner, Marko Arnautovic trägt eine Ode an den toten Opa spazieren, Lewis Holtby eine Widmung an die Schwester.

Selbst Trainer sind infiziert: Markus Babbel hat sich die Wappen aller Vereine eingravieren lassen, bei denen er wirkte. Derzeit nimmt er Hertha auf den Arm. Würden Friedhelm Funkel und Peter Neururer dem Berlin-Bayern nacheifern, bräuchten sie zusätzliche Ersatzteilimplantate, weil der körpereigene Platz nicht reicht. Und die Macher?

Wir können nicht unter Anzüge gucken, aber vermutlich ist Dietmar Hopps Leib längst mit anmutigen Golflandschaften verziert, Uli Hoeneß hat sich ein Ensemble von Rostbratwürsten auf den Bauch stechen lassen, und Rudi Assauer ist ein mannshohes Ganzkörperpilsglas. Prost.

Das Winterhalbjahr ist da, lange freudig erwartet. Aber langärmelige Trikotagen schaffen nur zeitweilig Abhilfe. Von der Fifa ist keine Erlösung zu erwarten. Wer Unterziehhosen in Trikotfarbe anordnet, der macht es bald nur noch schlimmer und verlangt wahrscheinlich Trikots im Tattoodesign. Hilfe!

Zwei bessere, wiewohl radikale Lösungen stehen zur Debatte: Fußball im Fernsehen verbieten und nur noch hören. Die andere Idee geht untenrum auf Marcelo Bordon zurück, der sich als Erster die Stutzen über die Knie zog, was zumindest die Beine komplett bedecken hilft.

Am Ende aber wird die Bundesligaburka stehen. Sollte die Bewegungsfreiheit eingeschränkt sein, folgt die Pflicht, sich Ganzkörperburkas in Vereinsfarben tätowieren zu lassen. Wer dann durch Klubwechsel sein Kapital mehren will, muss sich halt erst mal häuten.

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Sohn des Ruhrgebiets, Jahrgang 1956, erfolgreich abgebrochenes VWL- und Publizistikstudium, schreibe seit 1984 für die taz – über Fußball, Golf, Hambacher Wald, Verkehrspolitik, mein heimliches Lieblingsland Belgien und andere wichtige Dinge. Lebe und arbeite als leidenschaftlich autoloser Radfahrer in Aachen. Seit 2021 organisiere und begleite ich taz-LeserInnenreisen hierher in die Euregio Maas/Rhein, in die Nordeifel und nach Belgien inkl. Brüssel. Bücher zuletzt: "Die Zahl 38.185" - Ein Fahrradroman zur Verkehrswende (2021). "Ach, Aachen!" - Textsammlung aus einer manchmal seltsamen Stadt (2022).

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