Prozess um Sambias Ex-Präsidenten: Politkrimi um eine Leiche
Zwei Monate nach dem Tod von Sambias Ex-Präsident Lungu in Südafrika muss ein Gericht klären, wo er begraben wird. Die Affäre hält das Land in Atem.

Lungu, der Sambia von 2015 bis 2021 regierte, starb am 5. Juni in einem Krankenhaus in Südafrika im Alter von 68 Jahren. Die Regierung seines Nachfolgers Hakainde Hichilema ordnete die Rückführung des Leichnams und sieben Tage Staatstrauer bis zu einem Staatsbegräbnis im für tote Präsidenten vorgesehenen „Embassy Park Presidential Burial Site“ an. Aber Lungus Familie, die sich von Sambias aktueller Regierung verfolgt sieht, beharrte darauf, den Verstorbenen in Südafrika beizusetzen – ein beispielloser Vorgang für Sambia.
Nach diversen Verhandlungen wollte die Familie Edgar Lungu schließlich am 25. Juni in Südafrika beerdigen. Aber dies wurde in letzter Minute auf Antrag von Sambias Generalstaatsanwalt Mulilo Kabesha gerichtlich gestoppt, als die Trauergäste sich bereits versammelt hatten.
Nun treffen sich beide Seiten vor Gericht. Die Verhandlung in Pretoria begann am Montag, und ganz Sambia ist gespannt. Seit der gescheiterten Beerdigung am 25. Juni liegt der tote Lungu in einer Leichenhalle in Pretoria. In ihrer Klage, die jetzt verhandelt wird, verlangt Sambias Regierung nicht nur die Herausgabe des Leichnams, sondern auch seine vorherige „Inspektion“ und „Authentifizierung“. Dies wertet die Gegenseite als Affront, auch gegen die südafrikanischen Behörden.
Lungus Partei zerfleischt sich selbst
Die Affäre spaltet auch Lungus Partei PF (Patriotic Front), Sambias wichtigste Oppositionspartei. Am Wochenende behauptete die Parteispitze, Offizielle aus Sambias Hauptstadt Lusaka hätten sich bereiterklärt, 5.000 US-Dollar zu zahlen, wenn jemand 20 südafrikanische Jugendliche zusammentrommelt, die auf Plakaten vor dem Gerichtsgebäude in Pretoria die Rückführung von Lungus Leichnam in die Heimat fordern.
Zuvor waren Tonaufnahmen bekannt geworden, auf denen der Parlamentsabgeordnete Robert Chabinga, Anführer einer regierungsfreundlichen PF-Fraktion, mit Sambias Ministerin für Gemeinschaftsentwicklung, Doreen Sefuke Mwamba, Geheimgespräche im Widerspruch zur PF-Parteilinie führt. Chabinga habe dabei zugesagt, im Auftrag von Sambias Präsident die Richter in Südafrika zu bestechen und Proteste gegen Lungus Beisetzung in Südafrika zu organisieren.
Eine angeblich von Chabinga gegründete Gruppierung namens „Progressive Forces of South Africa“ hatte im Juli auf einer Pressekonferenz in Johannesburg Lungus Rückführung nach Sambia gefordert, im Einklang mit Sambias Regierung. Chabinga hat die Tonaufnahmen als Fake bezeichnet, die PF hat aber Anzeige gegen ihn erstattet.
So findet die Gerichtsverhandlung in Pretoria jetzt unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen statt – zumal sie in eine Zeit wachsender Feindseligkeit gegenüber afrikanischen Ausländern in Südafrika fällt.
Immer wieder haben Protestgruppen in Südafrika afrikanischen Migranten den Zugang zu öffentlichen Gesundheitseinrichtungen verwehrt. Und ausgerechnet während dieser Zeit ist der Sambier Edgar Lungu in einer südafrikanischen Gesundheitseinrichtung gestorben.
Am Montagabend wurde die Verhandlung in Pretoria vertagt. Eine Entscheidung könnte am Freitag fallen.
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