Reaktionen auf Obergrenze in Österreich: Was nun?

Flüchtlingskoordinator Altmaier reagiert vorsichtig auf Österreichs Vorstoß. Die Merkel-Kritiker in der Union freuen sich. Die Folgen sind unklar.

Eine Schlange von Menschen auf einer Straße

Wohin? Flüchtlinge an der slowenisch-österreichischen Grenze im November 2015. Foto: dpa

BERLIN taz | Angela Merkels wichtigster Mann in der Flüchtlingspolitik hielt sich am Mittwoch bedeckt. „Welche Auswirkungen sich irgendwann möglicherweise ergeben, das werden wir dann beurteilen, wenn es soweit ist.“

Möglicherweise. Irgendwann. Peter Altmaier, Kanzleramtschef und Flüchtlingskoordinator der Regierung, blieb vorsichtig. Dann betonte er, bei den Plänen Österreichs handle es sich um eine Richtgröße, nicht um eine Obergrenze. Das sei etwas anderes.

In der Tat ist offen, was der Beschluss der Regierung in Wien für Deutschland bedeutet. Österreich ist nicht nur ein direkter Nachbar und eine wichtige Stimme in der EU, sondern auch der letzte Staat auf der sogenannten Balkanroute; die meisten Flüchtlinge, die in Deutschland Schutz suchen, kommen über die österreichisch-deutsche Grenze.

Die Wiener Entscheidung wird deshalb die deutsche Diskussion massiv beeinflussen. Falls Österreich tatsächlich Flüchtlinge an seinen Südgrenzen nach Slowenien oder Ungarn zurückweist, kämen hier merklich weniger Menschen an – Österreich funktionierte wie ein Bollwerk. Merkel, die wegen ihres liberalen Kurses in CDU und CSU in der Kritik steht, wäre entlastet. Was Wien plant, bleibt aber unklar.

„Erste Telefongespräche“

Sicher ist jedoch, dass Altmaier nicht so ahnungslos ist, wie er gestern noch tat. Die Bundesregierung war in das Vorgehen – zumindest grob – eingeweiht. Das bestätigte die österreichische Seite.

Schon jetzt seien aufgrund einer bilateralen Vereinbarung zwischen Deutschland und Slowenien elf Bundespolizisten an der slowenischen Schengen-Außengrenze im Einsatz, sagte am Montag ein Sprecher des Innenministeriums. Er bestätigte, dass es „erste Telefongespräche“ zu einer Zusammenarbeit zwischen Österreich, Deutschland und Slowenien gegeben habe. Ein konkretes Konzept Wiens habe dem Ministerium aber nicht vorgelegen.

Die Merkel-Kritiker in der Union lobten den Beschluss. Einerseits sei dies „eine Nachricht der Freude“, sagte CSU-Chef Horst Seehofer. „Auf der anderen Seite wissen wir, dass jetzt noch mehr zu uns kommen.“ Er geht nicht davon aus, dass die Route nach Deutschland unterbrochen wäre. Die Entscheidung zeige „deutlich, dass wir keine Zeit verlieren dürfen, um uns in der Flüchtlingsfrage über ein verbindliches und rechtskonformes Vorgehen zu verständigen“, sagte Michael Frieser, Innenpolitikexperte der CSU-Landesgruppe im Bundestag.

Stephan Mayer, Innenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion, dem Kölner Stadt-Anzeiger: Dies sei „ein deutlicher Fingerzeig, dass auch wir nicht mehr so weitermachen können wie bisher.“ CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer twitterte: „Die Österreicher machen’s. Also müssen wir es auch machen.“

Aus der Opposition kam Kritik an Wien. Linkspartei-Chef Bernd Riexinger twitterte: „Künftig nimmt Österreich vier Geflüchtete pro 1.000 Einwohner auf.“ Dies sei eine „Bankrotterklärung europäischer Solidarität.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.