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Russlands AuslandsvermögenWo steht Italien?

Michael Braun

Kommentar von

Michael Braun

Bei den Verhandlungen über das russische Vermögen spielt Meloni eine entscheidende Rolle. Ihre Politik des Spagats dürfte nicht mehr funktionieren.

Giorgia Meloni vor ihrer Abreise nach Brüssel im römischen Parlament– bis jetzt hat sie in der europäischen Politik geschickt agiert Foto: Remo Casilli/reuters

G ut drei Jahre regiert die Postfaschistin Giorgia Meloni nun an der Spitze ihrer Rechtsaußenkoalition. Eines muss man ihr lassen: Auf der internationalen, vor allem auf der europäischen Bühne hat sie geschickt navigiert.

Drei Pfeiler prägten ihre Außenpolitik: europäische Verträge einhalten, die Freundschaft etwa zu Viktor Órban zwar in Worten, aber nicht in Taten pflegen, im Ukrainekrieg unverbrüchlich auf dem europäischen und Nato-Kurs verbleiben. Dieser Spagat zwischen ihren radikal rechten Ansichten und einer Außenpolitik in Kontinuität der Vorgängerregierungen ist ihr bestens gelungen.

Doch damit könnte in der Ukrainefrage nun Schluss sein. Vorbei sind die Zeiten, als in Washington Joe Biden regierte, der bei einem Treffen mit Meloni der italienischen Ministerpräsidentin gar einen Kuss auf die Stirn drückte. Donald Trump ist am Ruder, ein Busenfreund Melonis – aber alles andere als ein Busenfreund der EU. Und plötzlich muss sie einen neuen Spagat hinlegen – den zwischen USA und Europa.

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Das zeigt sich jetzt in den Diskussionen um die Nutzung des eingefrorenen russischen Vermögens zugunsten der Ukraine. Meloni tritt auf die Bremse, nun an der Seite Orbáns, sie fordert eine „solide juristische Basis“, sie malt die Sorge an die Wand, dass der Euro an den Finanzmärkten wegen „Reputationsschäden“ unter Druck geraten kann. Ermutigt in dieser Linie sieht sie sich auch durch die Spaltungen in ihrer Koalition. Dort hat sie mit Matteo Salvini, dem Chef der Lega, einen traditionell Putin-freundlichen Mann an ihrer Seite, der mittlerweile auf Trump-Kurs eingeschwenkt ist – das beschert Meloni einen weiteren Spagat in den Reihen der Koalition.

In den vergangenen Wochen hatte Meloni darauf eine Antwort: auf Zeit spielen und hoffen, dass Trump das Problem Ukraine – damit auch ihr Problem – schnell löst. Doch jetzt könnte diese Übung an ihr Ende geraten. Italien muss sich positionieren – und könnte sich dann tatsächlich an der Seite Ungarns, Tschechiens oder der Slowakei wiederfinden.

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Michael Braun
Auslandskorrespondent Italien
Promovierter Politologe, 1985-1995 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Unis Duisburg und Essen, seit 1996 als Journalist in Rom, seit 2000 taz-Korrespondent, daneben tätig für deutsche Rundfunkanstalten, das italienische Wochenmagazin „Internazionale“ und als Wissenschaftlicher Mitarbeiter für das Büro Rom der Friedrich-Ebert-Stiftung.
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11 Kommentare

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  • Deutschland haftet in einem riskanten Glücksspiel mit 44 Milliarden Euro.

    Ganz ehrlich? Bedingungsloser Kampf gegen Russland! Wenn die Ukraine fällt oder auch nur geteilt wird, fällt auch die Demokratie! Russische Gelder sofort zur Unterstützung Ukraines verwenden. Knapp 100 Milliarden sind genug für eine nukleare Selbstverteidigung der Ukraine.

  • „Manchmal wache ich morgens auf und denke einen kurzen Augenblick: Ist das alles nur ein böser Traum?“, sagte Friedrich Merz gestern beim deutsch-ukrainischen Wirtschaftsforum.

    Und wenn man dann sieht, wie er kurz vorher im ZDF-Interview davon spricht: "Für die Friedenstruppen braucht es ein robustes Mandat ... dann muss auch zurückgeschossen werden." dann drängt sich einem der Eindruck auf, dass Merz im Grunde seinen Wunschtraum lebt.

    Der ganze Elan, der aus ihm heraus bricht, mit den bei seinen Reden für ihn typischen Extra-Betonungen mit anschließende Pausen um Um-sich-Blicken - all das drückt eine fanatische Begeisterung aus.

    Aber Merz spricht natürlich nicht nur für sich selbst. Er spricht für all diejenigen "in diesem unseren Lande", die von Friedensverhandlungen mit Russland erst dann etwas wissen wollen, wenn Russland militärisch besiegt ist, vorher wird militärisch all-in gegangen "koste es, was es wolle" und "egal was meine Wähler denken".

    Die geniale Band K.I.Z. hat das schon vor Monaten auf den Punkt gebracht. Hier ihr Song "Frieden":

    www.youtube.com/watch?v=lnsf4b69JbI

    • @Uns Uwe:

      Irgendwie scheinen Sie nicht in der realen Welt zu leben. Worüber haben sich die Ukraine, USA und Europäer in den vergangenen zwei Wochen noch gleich geeinigt? Etwa auf eine Grundposition für weitere Verhandlungen mit Russland? Und wer hat die noch gleich stante pedes abgelehnt und fabuliert davon, die „...Befreiung seiner historischen Länder auf militärischem Weg“ zu vollziehen?

  • Italien steht an der Seite Frankreichs und Belgiens. Statt Belgien ist Merz isoliert, weil er Belgien uebergehen wollte wie die junge Union in der Rentenfrage. Gut so.

  • Meloni als mediterrane Nemesis wider die deutsche Hybris. Interessante Vorstellung. Na mal sehen ...

  • Zitat: sie fordert eine „solide juristische Basis“,

    Das halte ich für absolut richtig. Wenn man liest, dass Deutschland bei einer entnahme vom ca. 90 Mrd mit 44 Mrd haftet, graut es mir.



    Gibt es eigentlich noch eine europäische Solidarität oder geht es nach dem Motto, wer die Musik bestellt (Deutschland unter Merz) bezahlt?



    Auch interesant : Euroclear droht Herabstufung durch Fitch wegen eingefrorener russischer Vermögenswerte



    de.marketscreener....e-ce7d50ded18cf223

    Ob es wirklich passiert? Vielleicht? Und was machen Länder, deren Machthaber ja auch nicht nach unseren Werten leben wie z.b. China oder alle arabischen Staaten?

    • @Donni:

      Ich sehe das wie sie, und bin in diesem Fall ehrlich gesagt froh, dass sich Belgien und Ungarn durchgesetzt haben. Und wer glaubt ernsthaft, dass Russland jemals Reparationszahlungen zur Refinanzierung leistet? D.h. die 44 Mrd aus Deutschland kann man abschreiben.

      Mir ist nicht klar, auf welcher rechtlichen Basis Merz diese Zusagen macht. Im Inland erzählt man der (angeblich) reichsten Volkswirtschaft Europas, dass wir länger als alle anderen arbeiten sollen, dass die Rente (eine der niedrigsten in Europa verglichen mit den Einkommen) nicht finanzierbar ist (die durchschnittlich doppelt so hohen Pensionen schon), und dass wir uns die Krankenversicherung nicht mehr leisten können. Die Infrastruktur verkommt, und die Mrd Schulden werden nicht sinnvoll eingesetzt (und belasten kommende Generationen mehr als jede Rentenzuschüsse).

      Gleichzeitig weigert sich die Regierung die verpflichtenden 10 Mrd an die Krankenversicherung für versicherungsfremde Leistungen zu zahlen, da kein Geld da wäre.

      Seriös ist das alles schon lange nicht mehr.

      Damit trägt auch die aktuelle Regierung Mitschuld an den zu erwartenden Wahlergebnissen z.B. in Baden-Württemberg in 2026.

  • Möchte ich wirklich, dass Meloni wirklich Farbe bekennt? Ich glaube, ein Placebo für Trump und ihre heimischen Putinversteher wäre mir lieber. Da sollte sich doch noch ein Formelkompromiss mit harten Folgen für den Kreml finden lassen. Vielleicht garniert mit einem besonderen europäischen Dankeschön an Italien. Alles besser, als noc hein Krawallkomplott nach Trumps Geschmack.

    • @vieldenker:

      Auch wenn die Frau eine Rechte ist, aber für die Außenpolitik hätte ich momentan lieber eine Meloni als einen Merz oder Marcon als Kanzler!

  • Der Schuss kann nach hinten losgehen.



    Auf Russlands Banken liegen ca. 100 Milliarden deutsches Geld. Was wird wohl Putin machen, wenn wir hier sein Geld an die Ukraine geben? Glaubt wirklich jemand, dass dann andere EU-Staaten uns diese 100 Milliarden ersetzen?

  • Meloni denkt nach, mit Recht. Die naß-forschen Äußerungen von Merz der die Gefahren dieser Aktion nicht erkennen kann oder nicht erkennen will zeugen schlicht von einer Art Fanatismus der die Realität ausblendet. Merz, vd Laien, AM-SZ und Karakalla oder wie die heißt wollen auf Teufel-komm-raus das Geld in der UA versenken. Ein Teil geht an die UA, ein anderer versinkt in den Tachen der Oligarchen. Und was passiert wenn das Geld alle ist?? Und wenn die Russen nicht besiegt sind?? Die scheinen alle keinen Plan zu haben ausser Geld aus dem Fenster zu werfen. Meloni hat Recht hier sehr vorsichtig zu sein.