Shell verseucht das Nigerdelta: Leiden unter der schwarzen Pest

Öl-Schlieren und verdreckte Ufer. Ein Jahr nach der UNO-Studie zur Ölverschmutzung in Nigera ist die Lage unverändert. Die Regierung tut nichts, Shell zahlt nicht.

Bedrohte Natur: Ölteppich in der Nähe von Port Harcourt im Nigerdelta. Bild: reuters

COTONOU taz | Endlich sagt jemand etwas! Endlich wird Ölmulti Shell von oberster Stelle kritisiert! So haben vor genau einem Jahr viele Menschen im Nigerdelta den Bericht des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (Unep) aufgenommen.

Das Unep hatte mehrere Jahre lang die Ölverseuchung im Ogoniland im Süden Nigerias untersucht – und öffentlich gemacht, was die Menschen, die mit der täglichen Ölverseuchung leben müssen, wohl längst wussten: Es wird Jahrzehnte dauern, bis in der Region wieder Fischfang oder etwas Landwirtschaft betrieben werden kann.

Unter anderem empfahl die Unep, einen Fonds mit einem Startkapital von einer Milliarde US-Dollar einzurichten, getragen von Nigerias Regierung und den Ölkonzernen, um die Säuberung der Region in den nächsten fünf Jahren zu finanzieren.

Genau ein Jahr später jubelt niemand mehr. Nnimmo Bassey, Nigerias alternativer Nobelpreisträger, lacht fast etwas zynisch, wenn er an den damals bejubelten Bericht denkt. „Tatsächlich getan hat im vergangenen Jahr niemand etwas“, kritisiert der bekannteste Umweltschützer des afrikanischen Riesenstaates. „Besonders schockierend ist für uns, dass die Regierung offenbar die Hände in den Schoß legt.“

Worte statt Taten

Dabei ist diese kurz vor dem Jahrestag des Ogoniland-Berichts noch von Unep gelobt worden. In einer Pressemitteilung heißt es: Man freue sich über den Beschluss der Regierung, mit den Säuberungsarbeiten in der Region zu beginnen. Für viele Umweltschützer ist das nichts als eine Worthülse. Öl wird in Nigeria seit 1958 gefördert. Nigeria ist Afrikas Ölproduzent Nummer eins. Die massive Verschmutzung durch das schwarze Gold – in der Region selbst ist es längst zur schwarzen Pest geworden – ist seit Jahrzehnten bekannt.

Bassey ist nicht der Einzige, der enttäuscht über den Umgang mit dem Ogoniland-Bericht ist. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt die Menschenrechtsorganisation Amnesty International: „Im vergangenen Jahr hat sich wenig geändert“, heißt es in einer am Donnerstag veröffentlichten Studie.

Immer wieder passieren es in der Region zu Unfällen, immer wieder schieben sich Bewohner und Ölmultis danach den schwarzen Peter zu. Shell nennt es Sabotage, wenn irgendwo im Nigerdelta die schwarze, zähflüssige Masse unkontrolliert in den Boden sickert.

Die Öldiebe sind schuld

http://www.amnesty.de/Amnesty International kommt zu dem Schluss, dass häufig marode und schlecht gewartete Pipelines für Havarien verantwortlich sind. Von Seiten des Ölmultis heißt es hingegen: Es gebe viele Öldiebstähle in der Region – und dabei auch Unfälle. Pipelines würden häufig illegal angezapft.

Allerdings betont das Unternehmen auch: Wenn es aufgrund technischer Probleme zu einer Havarie käme, würde Shell auch die Verantwortung dafür übernehmen. Im Fall von Bodo, einer Gemeinde mit gut 70.000 Einwohnern, habe man das auch getan.

Dort war 2008 und 2009 Öl ausgetreten, mehrere Wochen lang sollen es 2.000 Barrel pro Tag gewesen sein. Ein Umweltdesaster, sagte Rechtsanwalt Martyn Day, der die Einwohner vor Gericht vertreten hat: „Es ist eine der größten Ölkatastrophen, die die Welt je gesehen hat.“

Zwar kam es zu einem außergerichtlichen Vergleich: Shell gab zu, Schuld an den Öllecks zu haben. Schadensersatzforderungen in Höhe von gut 288 Millionen Euro standen im Raum. Gezahlt wurde jedoch laut Umweltschützern bis heute – nichts.

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