Skandale im Vatikan: „Eine stumme Welt“

Der Journalist Nuzzi hat die „Vatileaks“-Affäre ins Rollen gebracht. Die Kurie ist korrupt, sagt er. Und hofft, dass der nächste Papst kein Italiener wird.

Der Petersdom in Rom, umwölkt. Bild: dpa

Der italienische Enthüllungsjournalist Gianluigi Nuzzi glaubt nicht daran, dass Papst Benedikt XVI. nur aus Altersgründen sein Amt aufgegeben hat. Die These, dass Benedikt der Aufgabe körperlich nicht mehr gewachsen war und deshalb zurückgetreten sei, „ist ein Märchen, ich glaube nicht an Märchen“, sagt Nuzzi im Gespräch mit der sonntaz.

Nuzzi wurde vor allem durch seine Vatikan-Enthüllungen bekannt, 2011 hatte er den „Vatileaks“-Skandal ins Rollen gebracht. Über den damaligen Kammerdiener des Papstes hatte Nuzzi Zugang zu Geheimdokumenten aus dem Vatikan bekommen, es ging um Misswirtschaft und Korruption. „Vatilekas“ traf den Vatikan nach Missbrauchsskandalen und der Begnadigung der ultrakonservativen Piusbruderschaft ins Mark.

Nuzzi sagt im sonntaz-Gespräch, vor allem das Machtsystem Kurie, also die Regierung des Vatikans, sei für Benedikts Rücktrittsentscheidung verantwortlich gewesen: „Die katastrophalen Verhältnisse in Rom waren der Auslöser.“ Es gebe dort verschiedene Machtgruppen und Interessen, die sich bekämpfen: „Man sollte meinen, solche Machtspiele hätten in der Kirche nichts verloren. Aber das Gegenteil ist der Fall.“

Macht als Selbstzweck

Benedikt XVI. habe zu wenig Wert auf die Kräfteverhältnisse in der Kurie gelegt, „sie war führungslos und konnte sich deshalb unglaublich aufblähen“, sagt Nuzzi. Einer der stärksten Pole in diesem Machtspiel sei Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone gewesen, eine Art Regierungschef des Vatikan. „Für Bertone ist Macht ein Selbstzweck, sie ist sein einziges Ziel“, sagt Nuzzi. Warum der Papst trotz massiver Kritik an Bertone festgehalten habe, sei „wirklich ein großes Fragezeichen“.

Mit seinem Rücktritt habe Benedikt mit diesem System gebrochen. „Man darf nicht vergessen, dass mit Ratzinger alle hohen Tiere in der Kurie ihre Position verlieren. Benedikt hat mit seiner Entscheidung Tabula rasa gemacht.“ Damit gebe er seinem Nachfolger die Chance zum Wiederaufbau.

Nuzzi hofft, dass nach der anstehenden Wahl eines Nachfolgers Benedikts XVI. weder der Papst noch der Kardinalstaatssekretär Italiener sein werden: „Die italienischen Kardinäle sind allesamt viel zu verstrickt in den Sumpf.“

Den Vatikan selbst nennt Nuzzi „eine stumme Welt, in der die Leute große Furcht haben, zu sprechen. Es ist eine bedrückende Atmosphäre, alles wird kontrolliert“.

Wie es dem Enthüllungsjournalisten trotzdem gelang, an die Geheimdokumente aus dem Schreibtisch des Papstes zu kommen, wie sich die Skandale auf die Papstwahl auswirken werden und was er von Gerüchten über ein Mordkomplott gegen Joseph Ratzinger hält, erzählt Gianluigi Nuzzi im Gespräch der aktuellen sonntaz. Am Kiosk, eKiosk und im Wochenendabo. Für Fans und Freunde: facebook.com/sonntaz

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