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Sozialere GrunderwerbssteuerWie das Reihenhäuschen bezahlbar wird – und die Villa teurer

Während Familien ihr Erspartes an den Staat überweisen, sparen Investoren Millionen. Freibeträge und progressive Steuer könnten das Spiel beenden.

Die Grunderwerbssteuer frisst das, was am mühsamsten angespart wurde – das Eigenkapital Foto: Wolfilser/imago

D er Traum vom Eigenheim ist in Deutschland zum Privileg geworden. Zwar wünschen sich viele eins, doch realistisch ist das nicht. Die Hauspreise haben sich in den vergangenen zehn Jahren grob verdoppelt, die Löhne allerdings nicht. Gleichzeitig sind Zinsen und Baukosten massiv gestiegen. Wer nicht geerbt hat, kann das Eigenheim meist vergessen. Und wer trotzdem wagt zu kaufen, landet schnell im Hamsterrad aus Schulden und Nebenkosten.

Immerhin hat sich die Regierung dazu eine gute Idee in den Koalitionsvertrag geschrieben. Sie will an die Grunderwerbssteuer ran. Das ist die Steuer, die fällig wird, wenn man Grundstücke und Immobilien kauft. Je nach Bundesland liegt der Steuersatz zwischen 3,5 und 6,5 Prozent. Für ein durchschnittliches Einfamilienhaus im Wert von 500.000 Euro bedeutet das: bis zu 32.500 Euro allein an Steuern.

Dazu kommen Notarkosten, Grundbucheintrag und Maklergebühren. Schnell summieren sich die Nebenkosten auf zehn Prozent des Kaufpreises.

Das Bittere: Die Grunderwerbssteuer frisst das, was am mühsamsten angespart wurde – das Eigenkapital. Für die Kaufnebenkosten gibt es keine Förderung und in der Regel auch keinen Kredit. Und wenn doch, treibt das den Zins und damit die Gesamtbelastung nach oben. Wer sich von seinem Lohn mühsam über Jahre 50.000 Euro Eigenkapital angespart hat, verliert es praktisch mit der Unterschrift beim Notar.

„Immobilienkonzerne umgehen die Steuer“

Seit 2006 dürfen die Länder die Höhe der Steuer selbst festlegen. Um ihre klammen Kassen zu füllen, haben alle bis auf Bayern und Sachsen sie erhöht. Die Gesamteinnahmen der Länder stiegen dadurch von rund fünf Milliarden Euro im Jahr 2006 auf fast 18 Milliarden im Jahr 2022.

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Während also Familien ihre Ersparnisse an den Staat überweisen, umgehen Großinvestoren und Immobilienkonzerne die Steuer mit sogenannten Share-Deals. Dabei werden die Immobilien erst in Firmen verpackt, um dann die Firmenanteile zu handeln – und nicht die Immobilien selbst. Der Kniff: Auf gekaufte Firmenanteile wird keine Grunderwerbssteuer fällig.

Allein zwischen 2018 und 2021 wechselten so rund 150.000 Wohnungen nahezu steuerfrei den Besitzer, wie die damalige große Koalition unter Merkel kurz vor der Bundestagswahl im September 2021 auf eine Anfrage der Linken mitteilte. In der Liste tauchen Namen wie Vonovia oder Adler Real Estate auf.

Die aktuelle Regierung verspricht im Koalitionsvertrag, einen Freibetrag bei der Grunderwerbssteuer zu prüfen. Sogar Ex-Finanzminister Christian Lindner hatte das schon einmal vorgeschlagen. Realistisch wären 250.000 Euro pro Erwachsenem und 150.000 Euro pro Kind, wohlgemerkt: für die erste, selbstgenutzte Immobilie.

Eine vierköpfige Familie müsste auf die ersten 800.000 Euro ihres Eigenheims dann also keine Steuer zahlen. Investoren und Wohnungsfonds, die kaufen, um Mieteinnahmen zu kassieren, blieben hingegen steuerpflichtig.

Um die Steuer allerdings wirklich sozial zu gestalten, sollte man noch weitergehen und die Grunderwerbssteuer progressiv ausgestalten. Heißt: je teurer die Immobilie, desto höher der Steuersatz. Der Vorteil: Was der Staat an Einnahmen von Mittelschichtsfamilien verliert, würde er bei Villenkäufern wieder reinholen – und damit nicht einmal an Steuereinnahmen verlieren!

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7 Kommentare

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  • Nette Idee, aber die Umgehungshandlung(en) wären wohl recht einfach.

  • Immobilien sollten grundsätzlich nur noch zur Eigennutzung erworben werden dürfen und sollten auch nur noch am eigenen Hauptwohnort besessen werden. Die Preise deutscher Immobilien und die Mieten hätten nie Spekulationsobjekt werden dürfen. Städte wie meine Heimatstadt, in denen 80% der Einwohner ihre Mieten an Eigentümer im Ausland oder aus anderen Bundesländern überweisen, sollte es dann auch nicht mehr geben. Die Häuser denen die drin wohnen wäre als linke Kernforderung geeignet die krasse Landnahme aus dem Westen in meiner Heimat endlich rückabzuwickeln.

  • Sogenannte „Eigenheime“ sind doch out ( Flächenfrass, Versiegelung, Zersiedlung der Landschaft). Auf dem Land scheint das noch möglich, da bekommen Z.B. die Enkel schon bei Geburt ein Grundstück von den Großeltern überschrieben.(zumindest hier in Südbayern, viele waren ja ehemals Bauern und Landbesitzer). In der Stadt ist das illusorisch. Und das ist aus ökologischen Gründen gut so. Eine Eigentumswohnung ist eine Alternative. Eine entsprechende großzügige Förderung für junge Familien wäre dringend notwendig. Allerdings wohnen junge Leute in der Stadt gerne urban ohne Eigentumsbindung, da sie meist beruflich flexibel bleiben möchten. Also insgesamt mehr Förderung für alle jungen Familien. Das Problem kann man eben nicht nur auf arm oder reich reduzieren

    • @Fred Feuerstein:

      '... da bekommen Z.B. die Enkel schon bei Geburt ein Grundstück von den Großeltern überschrieben.(zumindest hier in Südbayern, viele waren ja ehemals Bauern und Landbesitzer)'

      Da muss man bitteschön differenzieren: beileibe nicht alle Menschen auf dem Land sind Kinder oder Enkel von Landwirten mit Feldern, Bauerwartungs- und Bauland. Der Großteil hat diese Anschubfinanzierung daher nicht (die btw den in die Städte Südbayerns zugezogenen og Kindern und Enkeln auch in genau diesen Städten hilft, Eigentum zu erwerben).

  • Nach dem Vorschlag von Herrn Höfgen wäre eine kleine Eigentumswohng in Kreuzberg dann eine "Villa" und eine Villa in Eisenhüttenstadt eine "Bruchbude" (zumindest nach dem Tarifmodell).

  • Klingt gut, bedeutet aber, es bräuchte auch eine Progression bei der Preisbemessung. S

  • Solche "Steuerschlupflöcher" wie die Share-Deals werden ja nicht plötzlich von genialen Steuerberatern in ansonsten tollen Gesetzen gefunden.



    Die werden mit Absicht in diese Gesetze so geschrieben.



    Und deshalb wird das auch nicht geändert.

    PS: Außer AfD und Linkspartei hatten alle Parteien im Bundestag die Gelegenheit, als Regierungspartei in den letzten 30 Jahren daran was zu ändern. Wobei, die Linke war oft genug Regierungspartei auf Länderebene, um im Bundesrat eine Gesetzesinitiative zu starten.