Streit um Probejahr: Gymnasien wollen sich schlauer machen

1.000 SchülerInnen sollen bald vom Gymnasium auf Sekundarschulen wechseln müssen. Nun wird über das Aufnahmeverfahren für Oberschulen diskutiert.

Sie haben die Entscheidung noch vor sich: Grundschüler. Bild: dpa

Eineinhalb Jahre nach der Einführung neuer Aufnahmeregeln für Oberschulen ist in Berlin erneut ein Streit darüber entbrannt. Der Hintergrund: Etwa 1.000 SiebtklässlerInnen sollen unbestätigten Medienberichten zufolge das Probejahr an den Gymnasien nicht bestehen. Sie müssten dann im Sommer an die Sekundarschulen wechseln. Gymnasien und Sekundarschulen schlagen deshalb nun Alarm.

Die bis Herbst vergangenen Jahres regierende rot-rote Koalition hatte aus vier Oberschularten zwei gemacht: das Gymnasium und die Sekundarschule. Mit der Reform wurde auch der Zugang zu den Oberschulen neu geregelt: Nicht mehr die Empfehlung der Grundschule, sondern der Elternwille bestimmt nun, an welcher Schule sich ein Kind bewirbt. Bei Übernachfrage an einer Schule werden 30 Prozent der Schulplätze verlost. Die Idee des Losens habe sich "als Unfug erwiesen", schlussfolgert Ralf Treptow, Vorsitzender der Vereinigung der Oberstudiendirektoren des Landes Berlin aus den jetzt prognostizierten Rückläuferzahlen: Er fordert statt dessen eine auf Notenbasis durch die Grundschulen erteilte "Zulassung zum Gymnasium".

Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) warnte im taz-Gespräch vor solch schnellen Schlüssen: Sie erwarte von den Gymnasien, versetzungsgefährdete SiebtklässlerInnen jetzt angemessen zu fördern. Dafür sei mit der Schulreform die Probezeit an Gymnasien ja von einem halben auf ein ganzes Jahr verlängert worden. Konkrete Zahlen lägen erst am Ende des Probejahres vor.

Es sei "fraglich", ob die Gymnasien wegen der höheren Klassenfrequenz die betroffenen SchülerInnen wirklich ausreichend fördern könnten, meint allerdings Paul Schuknecht, Vorsitzender der Berliner Schulleitervereinigung. Er habe derzeit 40 versetzungsgefährdete bei 192 Siebtklässlern, sagt Eberhard Kreitmeyer, Leiter des Gottfried-Keller-Gymnasiums: "Zehn davon werden wir mindestens noch retten können." Dass das Losverfahren Grund für die hohe Rückläuferzahl ist, kann Kreitmeyer ausschließen: An seiner Schule wurden keine Plätze verlost. "Wir nehmen aber auch Siebtklässler mit Notendurchschnitten auf, die schlechter sind als Drei", so Kreitmeyer. Die bräuchten dann gute Betreuung: Kreitmeyer fordert deshalb kein neues Zulassungsverfahren, sondern eine bessere Personalausstattung für die Gymnasien, "die es uns tatsächlich ermöglicht, diese Schüler so zu fördern, dass sie sich entwickeln können".

Auch Günter Peiritsch, Vorsitzender des Landeselternausschusses, hält die Diskussion über einen Numerus Clausus für Gymnasien für "überflüssig": Das forderten die, die das Gymnasium als "Eliteanstalt" betrachteten. Nachdenken über das Zugangsverfahren will er aber auch: Denn das Losverfahren sei für Eltern undurchsichtig. "Wenn wir tatsächlich ein sozial durchlässiges Bildungssystem wollen, brauchen wir eine Quotenregelung", so Peiritsch.

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