Suche nach einem Endlager für Atommüll: Stress mit der Bewegung

Anti-Atom-Initiativen kritisieren den Abschlussbericht der Endlagerkommission. Auch innerhalb des Gremiums gab es in vielen Punkten keine Einigkeit.

Förderturm eines Bergwerkes, im Vordergrund ein gelbes Fass mit Strahlenwarnzeichen

Schacht Konrad im Morgennebel Foto: dpa

BERLIN taz | Einen möglichst breiten gesellschaftlichen Konsens über das Verfahren herzustellen, mit dem ein Endlager für den deutschen Atommüll gesucht wird: Mit diesem Anspruch hatte die sogenannte Endlager-Kommission im Jahr 2014 ihre Arbeit angetreten. Dieses Ziel hat sie nicht erreicht: Die Anti-Atom-Bewegung lehnt die Ergebnisse der zweieinhalbjährigen Kommissionsarbeit ab.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), der als einziger Umweltverband in der Kommission vertreten war, hatte den Abschlussbericht bereits in der letzten Sitzung des Gremiums abgelehnt. Nach der offiziellen Übergabe des Berichts haben am Dienstag weitere wichtige Gruppen scharfe Kritik geübt. „Nach zwei Jahren bleibt ein Scherbenhaufen“, sagte Jochen Stay von der Initiative ausgestrahlt; er gilt als ein zentraler Akteur der Anti-Atom-Szene. „Der Konflikt ist nicht gelöst, sondern lediglich vertagt“, bemängelt Stay. „Wesentliche Entscheidungen werden der neuen, mächtigen Atommüll-Behörde überlassen.“

So wird es auch diese neue Behörde sein, die anhand der von der Kommission beschlossenen Kriterien entscheidet, ob der umstrittene Standort Gorleben im Verfahren bleibt. Dass der Salzstock im Wendland nicht von vornherein ausgeschlossen wurde, war ein zentraler Kritikpunkt vieler Atomkraftgegner.

Dieser Streit zog sich auch durch die Kommission, die aus 16 stimmberechtigten Wissenschaftlern und VertreterInnen der Zivilgesellschaft sowie 17 nicht stimmberechtigten PolitikerInnen bestand. „Gorleben hätte von Anfang an aus dem Verfahren herausgemusst“, sagte der ehemalige SPD-Staatssekretär Michael Müller als einer der Kommissionsvorsitzenden. Die zweite Vorsitzende, die CDU-Politikerin Ursula Heinen-Esser, widersprach: Ein politischer Ausschluss von Gorleben hätte den Konsens für einen Neustart der Endlagersuche verhindert.

Jochen Stay, Initiative Ausgestrahlt

„Nach zwei Jahren bleibt ein Scherbenhaufen“

Ob Gorleben anhand der beschlossenen Kriterien aus dem Verfahren ausscheiden wird, dar­über gehen die Meinungen auseinander. Martin Donat von der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg meint: „Es ist genau darauf geachtet worden, dass die Kriterien Gorleben nicht ausschließen.“ Ein Teil der Kommissionsmitglieder ist genau der gegenteiligen Überzeugung, darunter auch Müller. „Bei korrekter Anwendung der Kriterien scheidet Gorleben aus“, ist auch die Grünen-Abgeordnete Sylvia Kotting-Uhl überzeugt. So wurde ein unbeschädigtes Deckgebirge, das bei Gorleben fehlt, als Kriterium festgelegt – allerdings nur als ein sogenanntes Abwägungskriterium, über dessen Gewichtung am Ende die Behörde entscheidet.

Auch jenseits der Gorleben-Frage war sich die Kommission in vielen Punkten uneinig. So votierte das Land Sachsen ebenso gegen den Bericht, weil man dort mit den Kriterien für die mögliche Einlagerung von Atommüll in Granit nicht einverstanden ist. Sondervoten gab es auch von den Vertretern der Industrie, vom Land Bayern und vom Linken-Abgeordneten Hubertus Zdebel.

Die Vorsitzenden hoffen dennoch darauf, dass die Politik den Vorschlägen folgt. Das Problem der Endlagerung müsse „unabhängig von früheren Positionen“ gelöst werden, sagte Müller.

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