Trumps militärisches Vorgehen in Syrien: Ein völkerrechtswidriger Angriff

Kein UN-Mandat. Kein Hilferuf eines anderen Staates. Kein Grund zur Selbstverteidigung. Mit welchem Recht greift der US-Präsident Syrien an?

Die Satellitenaufnahme zeigt das al-Shayrat Flugfeld in Syrien

Die Satellitenaufnahme vom 07.10.2016 zeigt das al-Shayrat Flugfeld in Syrien Foto: dpa

FREIBURG taz | US-Präsident Donald Trump hat den Angriff auf Syrien so begründet: „Es ist im vitalen Interesse der nationalen Sicherheit der Vereinigten Staaten, die Verbreitung und den Einsatz tödlicher Chemiewaffen zu verhindern und für Abschreckung zu sorgen.“ Ein Selbstverteidigungsrecht haben die USA aber nur, wenn sie aktuell angegriffen werden. Die USA wurden auch nicht von einem anderen (aktuell angegriffenen) Staat um Hilfe gebeten.

Der syrische Angriff richtete sich vielmehr gegen die eigene Bevölkerung. Hier können die USA nur mit einem Mandat des UN-Sicherheitsrats intervenieren. Ein solches Mandat liegt nicht vor. Zwar wurde 2005 das Konzept der „Schutzverantwortung“ (responsibility to protect) von der UN-Generalversammlung einstimmig beschlossen. Es sieht zum Schutz der Menschenrechte im Notfall auch internationale Interventionen vor. Erforderlich wäre aber nach wie vor ein Mandat des Sicherheitsrats. Da das nicht vorliegt, war Trumps Angriff offensichtlich völkerrechtswidrig.

Das westliche Konzept der „humanitären Intervention“ erlaubt Eingriffe in die nationale Souveränität auch bei blockiertem Sicherheitsrat. Es hat sich international aber nicht durchgesetzt und ist kein allgemein anerkanntes Völkerrecht.

Syrien hat mit dem Giftgas-Einsatz zwar gegen die Sicherheitsrats-Resolution 2118 verstoßen, die 2013 die Vernichtung aller syrischen Chemiewaffen anordnete und jeden Einsatz verbot. Im Fall eines Verstoßes kündigte die Resolution an, dass der Sicherheitsrat Maßnahmen nach Artikel VII der UN-Charta verhängen werde. Das können Militäreinsätze sein, aber auch Wirtschaftssanktionen. Jedenfalls soll zunächst der Sicherheitsrat aktiv werden. Die Resolution enthält kein Mandat für einzelne Staaten, im Alleingang militärische Maßnahmen umzusetzen.

Blockade Russlands wäre kaum noch begründbar

Auch das Chemiewaffen-Übereinkommen, dem Syrien 2013 auf UN-Druck beitrat, sieht nicht vor, dass ein Mitgliedstaat bei Verstößen eines anderen Staates einfach militärische Gewalt anwenden kann. Vielmehr heißt es in Artikel 12, dass „besonders schwerwiegende Fälle“ der Generalversammlung und dem Sicherheitsrat der UN „zur Kenntnis“ gebracht werden sollen. Über Sanktionen würde also wieder der UN-Sicherheitsrat entscheiden.

Russland blockiert im Sicherheitsrat nicht, weil es Syrien das Recht auf Giftgas-Angriffe zugesteht. Vielmehr behauptet Russland, dass Syrien bei Angriffen auf Depots von Rebellen unabsichtlich deren Giftgasvorräte getroffen und damit freigesetzt hat.

Wenn diese Behauptung so absurd ist, wie es derzeit heißt, müsste sich ein klarstellender Beschluss der „Organisation für das Verbot chemischer Waffen“ herbeiführen lassen. In deren Gremien wird mit Zweidrittelmehrheit abgestimmt. Russland hätte also kein Vetorecht. Eine weitere Blockade Russlands im UN-Sicherheitsrat wäre dann kaum noch zu begründen.

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