Verhandlungen zu Acta: Gefährliche Transparenz

Ein Bürger fordert Auskunft zu den Acta-Verhandlungen. Die Justizministerin verweigert diese, weil sie Beleidigungen und Gewalt gegen Beamte befürchtet.

Das Justizministerium hat Angst vor den emotionalen Netzaktivisten. Bild: dapd

FREIBURG taz | Das Bundesjustizministerium hat sich den Zorn von Internetaktivisten zugezogen. Es verweigert die Herausgabe von Informationen über die Acta-Verhandlungen. Begründung: Die „öffentliche Sicherheit“ sei bedroht. Die geforderte Transparenz könne zu Beleidigungen und Gewalt gegen Beamte führen.

Das Acta-Abkommen definiert internationale Mindeststandards zum Vorgehen gegen Urheberrechtsverletzungen und Produktpiraten. Gegner lehnen es ab, weil es einseitig die Rechte von Musik- und Filmunternehmen stütze. Mitte Februar gab es in ganz Europa große Demonstrationen. Die Bundesregierung hat das Abkommen – auf Betreiben von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) – noch nicht unterzeichnet.

Nun sorgt ausgerechnet ihr Ministerium für neuen Ärger. Auslöser des Streits waren Fragen des Acta-Gegners Mathias Schindler an die Bundesregierung. Er wollte wissen, wer für die Bundesregierung an welcher der elf Acta-Verhandlungsrunden teilgenommen hat. Seine Fragen reichte er Mitte Februar über das Portal fragdenstaat.de ein, das Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) unterstützt.

Nach dem IFG, das 2005 unter Rot-Grün eingeführt wurde, hat jeder gegenüber Bundesbehörden „Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen“. Laut Gesetz muss auch über Name und Funktionsbezeichnung von beteiligten Beamten Auskunft erteilt werden. Erst im Vorjahr hat das Bundesverwaltungsgericht klargestellt, dass das IFG auch „die gesamte Tätigkeit der Bundesministerien“ erfasse. Die Auskunft kann nur verweigert werden, wenn ein konkreter Ausnahme-Tatbestand vorliegt.

Unsachliche und emotionale Diskussion

Die Frage von Schindler wollte das Justizministerium nicht beantworten, weil die „öffentliche Sicherheit“ gefährdet sei. Die Veröffentlichung der Beamten-Namen hält das Ministerium für gefährlich, denn die Namen könnten „von Dritten dazu verwendet werden, in unangemessener Form gegen sie vorzugehen“. Begründet wird diese Befürchtung mit der teilweise unsachlichen und emotionalen Diskussion um Acta, „bei der auch ehrverletzende Äußerungen und Drohungen mit Gewalt“ ausgesprochen worden seien. Konkrete Vorfälle nennt das Justizministerium aber nicht.

Mitgeteilt wurde jetzt nur, welche Ministerien an den Acta-Verhandlungsrunden beteiligt waren: zehnmal das Justizministerium, zweimal das Wirtschaftsministerium und zweimal das Auswärtige Amt, alle von der FDP geführt. Auf Internetportalen wie heise.de oder netzpolitik.org entlädt sich die Empörung schon jetzt in Dutzenden von Kommentaren. Die Informationsverweigerung wird als Fortsetzung der bisherigen Geheimniskrämerei um Acta gesehen.

Es wird auch Geld gesammelt für eine Klage gegen die Ablehnung. Thomas Stadler, renommierter Anwalt für Internetrecht, erklärt: „Die Bundesregierung hätte den Schlüssel dafür gefunden, wie man das Informationsfreiheitsgesetz nach Belieben aushöhlen kann, wenn diese Begründung bei den Verwaltungsgerichten trägt.“

Doch es gibt noch einen zweiten Zankapfel. Zunächst hatte Schindler auch um Informationen über alle bei der Bundesregierung vorliegenden Dokumente zu den Acta-Verhandlungsrunden gebeten. Als die Regierung wegen des hohen Aufwandes Gebühren bis zu 500 Euro ankündigte, zog er die Anfrage zurück. Jetzt wird im Netz auch hierfür Geld gesammelt.

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