Strom aus Wasser künftig ohne Fischragout

Umweltminister Trittin wagt den Konflikt mit einer Grünen-nahen Lobby: Kleinere Wasserkraftwerke sollen nur noch Geld erhalten, wenn Fische nicht zerhäckselt und Wasserqualitäten nicht gefährdet werden. Betreiber fürchten Aus

FREIBURG taz ■ Wasserkraft gilt landläufig als saubere Energie. Umweltminister Trittin (Grüne) sieht das aber differenzierter: Er will im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) Öko-Auflagen für kleine Wasserkraftwerke einführen. Der Bundesverband deutscher Wasserkraftwerke (BDW) sieht darin eine Diskriminierung und kündigte bereits eine Verfassungsklage an. Der „schleichende Tod der Wasserkraft“ werde nicht hingenommen.

Das EEG regelt, welche Vergütung die Stromkonzerne für erneuerbare Energien zahlen müssen. Bis zum Jahr 2020 sollen die Alternativenergien, so plant Trittin, 20 Prozent der deutschen Stromproduktion übernehmen. Mit der Novelle, die in diesem Frühjahr verabschiedet werden soll, will Trittin nun einige Stellschrauben verändern.

Bei der Wasserkraft wird künftig auf Größe gesetzt. Erstmals sollen auch Anlagen über 5 Megawatt die erhöhte Vergütung erhalten – allerdings nur für neu dazu gebaute Leistung. So sollen bisher unerschlossene Potenziale der rund zwei Dutzend großen deutschen Flusskraftwerke ausgenutzt werden.

Dagegen wird die Vergütung für kleine Wasserkraftwerke bis 500 Kilowatt erstmals an Umweltauflagen geknüpft. Nur wenn ein „guter ökologischer Zustand“ erreicht oder der bestehende Zustand wesentlich verbessert wird, soll es 7,67 Cent für die Kilowattstunde geben (statt rund 4 Cent Marktpreis). Außerdem dürfen Neuanlagen nur noch an bereits bestehenden Wehren gebaut werden.

Trittin beruft sich dabei auf Gutachten des Umweltbundesamts, in denen Wissenschaftler „schwer wiegende ökologische Schäden“ durch Wasserkraftwerke konstatieren. Der Aufstau führe zur „Verschlammung“ der Gewässer und verringert die Wasserqualität. Staustufen hinderten außerdem den Auf- und Abstieg von Wanderfischarten wie Lachsen und Aalen. In den Turbinen kämen vor allem Jungtiere zu Schaden. Anglerverbände nennen die Wasserkraftwerke denn auch abfällig „Fischhäckselmaschinen“.

Der BDW-Vorsitzende Anton Zeller hält diese Kritik jedoch für Öko-fundamentalistisch. „Wer Biberdämme gut findet, aber von Menschen gemachte Wehre ablehnt, ist ein Ideologe“, sagt Zeller. Vor hundert Jahren habe es „zehnmal mehr Wasserkraftwerke gegeben als heute und auch zehnmal mehr Fische“. So schädlich könnten die Anlagen also nicht sein.

Doch bläst der Wasserkraft schon seit einigen Jahren der Wind ins Gesicht. Zwar hat sich die von Kleinwasserkraftwerken gelieferte Strommenge seit 1990 nahezu verdoppelt. „In letzter Zeit wurden aber kaum noch neue Anlagen genehmigt“, kritisiert Milan Nitzschke vom Bundesverband Erneuerbare Energien. Die kleinen Anlagen unter 100 KW, die den Großteil der Kraftwerke ausmachen, sind bei den Wasserbehörden nicht mehr gern gesehen. „Mit einer 20-KW-Anlage kann man gerade einige Staubsauger betreiben“, ärgert sich Anke Uhl, Dezernentin für Gewässerökologie beim Regierungspräsidium Darmstadt. „Dafür ökologische Störungen hinzunehmen, ist völlig unverhältnismäßig.“

Die Reform soll nun allerdings nur für Neuanlagen gelten, die ab 2006 genehmigt werden. Und auch dann sind neue Kleinkraftwerke möglich, vorausgesetzt sie sehen zum Beispiel Fischtreppen vor und entziehen dem Hauptwasserlauf nicht zu viel Wasser. Zeller aber hat Angst vor „übertriebenen Anforderungen, die niemand mehr bezahlen kann“. Er befürchtet, dass Trittin bundesweit höhere Standards durchsetzen will, als sie bisher in der Genehmigungspraxis der Länder gelten.

Rund 4.500 der 7.500 deutschen Wasserkraftwerke stehen übrigens in Bayern. Wohl deshalb kommt die stärkste Opposition gegen Trittins Reform von der CSU. CHRISTIAN RATH