„Keine Hoffnung für Combino“

Nahverkehrsberater Dieter Doege rät, die Straßenbahnen an Siemens zurückzugeben

taz: Herr Doege, zahlreiche Städte haben Probleme mit Combino-Straßenbahnen von Siemens. Was empfehlen Sie den Kommunen: Sollen sie auf Nachbesserungen von Siemens hoffen oder lieber die Verträge rückabwickeln?

Dieter Doege: Wenn die Verkehrsbetriebe voll funktionsfähige Straßenbahnen haben wollen, bleibt ihnen wohl keine andere Wahl, als die Verträge mit Siemens rückgängig zu machen und andere Bahnen einzukaufen. Ich sehe beim Combino keinen Hoffnungsschimmer mehr, über erste Substanz gefährdende Schäden wurde bereits im April 2002, also vor über zwei Jahren berichtet. Dennoch hat Siemens immer noch kein akzeptiertes Sanierungskonzept.

Andere Straßenbahnangebote sind teurer …

Aber immerhin besitzen sie einen aufwändig geschweißten Wagenkasten ohne Festigkeitsprobleme.

Hätte man also von vornherein wissen müssen, dass der Combino eine Fehlkonstruktion ist?

Es war zumindest äußerst riskant, eine neu konstruierte Straßenbahn ohne ausreichende Erprobung massenhaft einzukaufen. Dieses Risiko haben die Fachleute in den Verkehrsbetrieben gegenüber ihren Aufsichtsgremien weitgehend verschwiegen und die Situation schöngefärbt.

Inzwischen wurden viele Combinos stillgelegt. Dennoch hört man aus den Kommunen kaum ein böses Wort …

Das ist nicht verwunderlich. Die Verkehrsbetriebe haben sicherlich geahnt, dass die extrem kostenaufwändige Sanierung von der Siemens-Verkehrstechnik nur finanziert werden kann, solange der Verkauf der Combinos ungestört weitergeht und sie im Siemens-Konzern als Vorzeigeprodukt gelten.

Die betroffenen Verkehrsbetriebe sind also ruhig geblieben, damit andere Käufer nicht abgeschreckt wurden und ebenfalls fehlerhafte Straßenbahnen kauften?

Ja, manche haben sogar Provisionen oder Rabatte dafür kassiert, dass weitere Unternehmen den Combino gekauft haben.

Wenn die Sanierung gelingt, dann haben doch die Unternehmen am Ende doch noch eine leistungsstarke und kostengünstige Straßenbahn?

Nein, es ist kurzsichtig, nur auf den Preis zu achten. Im Laufe eines Straßenbahnlebens entstehen mindestens noch mal die gleichen Kosten für Wartung und Instandhaltung. Und beim Combino muss mit noch viel höheren Kosten gerechnet werden.

Warum?

Bei herkömmlichen Straßenbahnen sitzen die Räder in beweglichen Drehgestellen unter dem Fahrgastraum. Für dieses vorteilhafte Prinzip ist beim Combino kein Platz mehr. Sein starres Fahrwerk ist die Ursache für den viel höheren Radreifen- und Gleisverschleiß. Das kann sich keine Stadt auf Dauer leisten.

INTERVIEW: CHRISTIAN RATH