Vati darf Babyspucke nicht heimlich testen

Heimliche Vaterschaftstests sind vor Gericht nicht verwertbar, so das Urteil des Bundesgerichtshofs. Gentest ohne Zustimmung der Betroffenen verletzt Persönlichkeitsrecht des Kindes. Interesse des Mannes an Gewissheit der Vaterschaft ist zweitrangig

KARLSRUHE taz ■ Gerichte müssen heimliche Vaterschaftstests ignorieren. Dies stellte gestern der Bundesgerichtshof (BGH) in einer Grundsatzentscheidung fest. „Solche Tests sind rechtswidrig und können deshalb vor Gericht nicht verwertet werden“, sagte die Vorsitzende Richterin Meo-Micaela gestern zur Begründung.

In zwei Fällen hatten Männer ihre nichteheliche Vaterschaft zunächst anerkannt, später aber Zweifel bekommen. Ein Mann in Sachsen-Anhalt ließ mit der Haarwurzel seines heute 17-jährigen Sohnes einen Vaterschaftstest durchführen, der andere Kläger mit einem Kaugummi seiner zehnjährigen Tochter. Beide Male ergaben die Gutachten, dass eine Vaterschaft ausgeschlossen ist.

Diese Gutachten dürfen nun aber nicht vor Gericht benutzt werden, um eine offizielle Klärung der Vaterschaft einzuleiten. „Es verstößt gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, wenn genetisches Material eines anderen Menschen ohne dessen ausdrückliche Zustimmung untersucht wird.“ Dieses Grundrecht des Kindes gehe auch dem Interesse des als Vater geltenden Mannes vor, sich Gewissheit über seine biologische Vaterschaft zu verschaffen. Der BGH bestätigte damit die restriktiven Urteile der Oberlandesgerichte in Jena und Celle.

Nach geltender Gesetzeslage kann ein Mann seine Vaterschaft nur anfechten, wenn er Umstände darlegt, „die gegen die Vaterschaft sprechen“. Bloße Zweifel genügen nicht, es muss schon um handfeste Tatsachen gehen, etwa wenn das Kind eine andere Hautfarbe als die Eltern hat oder wenn die Mutter offen zugibt, dass sie in der Zeit der Zeugung ungeschützt mit anderen Männern geschlafen hat. Und wenn solche Umstände auf dem Tisch liegen, hat der Vater genau zwei Jahre Zeit, zu Gericht zu gehen. Im Falle einer späteren Trennung lebt die Frist nicht neu auf.

Die beiden Väter aus Sachsen-Anhalt und Niedersachsen haben nun keine Möglichkeit, ihre Vaterschaft rechtlich klären zu lassen. Sie hatten ihren Anfangsverdacht mit dem Ergebnis der privat durchgeführten Gentests begründet. Doch der BGH lässt die rechtswidrigen Tests nicht einmal als Grundlage eines Anfangsverdachts zu.

Justizministerin Zypries will heimliche Vaterschaftstests mit Haftstrafen bis zu einem Jahr sanktionieren, gleichzeitig aber auch die offizielle Vaterschaftsanfechtung vereinfachen.

CHRISTIAN RATH

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