Ärger bei den Arsenal-Fans: Arsène Wenger kauft zu wenig ein

Arsenals Personalplanung bringt die titelhungrigen Fans schier zur Verzweiflung. Doch Trainer Arsène Wenger scheint auf dem Geld zu sitzen – und kauft keine teuren Spieler.

Ordentlicher Haushalter: Arsène Wenger. Bild: dapd

LONDON taz | Arsenal wartete am Sonntagabend höflich bis zur Halbzeitpause des Supercopa, um den Wechsel von Cesc Fàbregas zu bestätigen. Es war, als ob die Londoner ein letztes Mal zeigen wollten, was Anstand bedeutet; Barcelonas schleppend langsames Verhandlungstempo in den vergangenen Wochen und die voreiligen Jubelbekundungen der katalanischen Spieler via Twitter am Freitag waren in der britischen Hauptstadt auf viel Unverständnis gestoßen. "Wir verstehen Cescs Wunsch nach der Rückkehr in seine Heimatstadt und danken ihm für seinen Beitrag", verkündeten die "Gunners" etwas barsch.

Wichtiger als die Prise moralische Überlegenheit sind die gut 42 Millionen Euro, die Arsenal erhält. Fàbregas war vor 2003 als 16-Jähriger auf die Insel gekommen – zum Nulltarif. Dazu zeichnet sich ein zweites lukratives Geschäft ab: Der französische Nationalspieler Samir Nasri wird voraussichtlich für stolze 27 Millionen Euro an Manchester City verkauft, obwohl sein Vertrag bei den Londonern nur noch ein Jahr läuft.

Die Zahlen stimmen aus Sicht des stets auf solides Haushalten Wert legenden Trainer Arsène Wenger, aber das Timing der Abgänge der beiden Schlüsselspieler könnte kaum schlechter sein. Arsenal muss sich ja nicht nur gegen den Eindruck von Auflösungserscheinungen wehren, sondern am Dienstagabend auch in der Champions-League-Qualifikation gegen Udinese durchsetzen - ohne den neuen Kapitän Robin van Persie (Rotsperre), um dessen Zukunftsplanung sich ebenfalls schon die ersten bösen Gerüchte ranken.

Wenger stößt die Fans vor den Kopf

Es ist Wengers Haltung in Sachen Personalplanung, mit der er selbst die eigenen Fans mittlerweile vor den Kopf stößt. Alles schrie diesen Sommer nach Verstärkungen für die Abwehr. Der Ästhet aber kaufte bisher Offensivmann Gervinho (13 Millionen Euro, Lille), einen 17-jährigen Flügelstürmer mit Drittliga-Erfahrung (Alex Oxlade-Chamberlain, 17 Millionen Euro, Southampton) sowie einen 19-jährigen Außenverteidiger (Carl Jenkinson, 1,2 Millionen Euro, Charlton Athletic). In Nordlondon wird die Geduld knapp. "Spend some fucking money!", gib zum Teufel ein bisschen Geld aus, skandierten die Arsenal-Fans am Samstagabend in Newcastle, wo die Londoner es in frustrierend-gewohnter Manier nicht geschafft hatten, ihren gefälligen Kombinationsfußball in Zählbares zu verwandeln.

Wenger blieb nach dem 0:0 zum Saisonauftakt nichts anderes übrig, als aus dem Drama eine Komödie zu machen. Mit offensichtlich falschem Überschwang lobte der Franzose den gegnerischen Mittelfeld-Krawallero Joey Barton als "großartigen und mutigen" Spieler - jenen Barton, ausgerechnet, der Arsenals Neuverpflichtung Gervinho nach dessen Faller im Newcastle-Strafraum am Kragen gepackt und solange beleidigt hatte, bis der Ivorer sich mit einer Ohrfeige revanchiert und die Rote Karte gesehen hatte.

"Vielleicht ist er ja die Lösung unserer Probleme?"

Er könne "nicht ausschließen, dass sich seine Gunners vor Ablauf der Transferperiode nicht noch um die Unterschrift des 28-Jährigen bemühen würden, sagte Wenger schmunzelnd. "Vielleicht ist er ja die Lösung unserer Probleme?"

Barton, der überzeugte Antiarsenalist und Berufsprovokateur, wäre wohl die falsche, immerhin aber eine originelle Antwort auf die sich nunmehr seit sechs langen, titellosen Jahren wiederholenden Fragen: Wann fängt Wenger an, seinen fundamentalistischen Jugendstil zu modifizieren und in gestandene, auch defensiv brauchbare Spieler zu investieren? Sollte man gegen Udinese Calcio scheitern, gerät sein Status als Ikone ernsthaft in Gefahr. Man will sich in Nordlondon nicht länger mit Perspektiven vertrösten lassen.

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