ARD-Serie über Christian Schertz: Der Staranwalt vom Kurfürstendamm

Es gibt eine neue ARD-Doku über Christian Schertz namens „Der Star-Anwalt“. Ist das das richtige Medium, um so einen Anwalt einzufangen?

Christian Schertz

Anwalt Christian Schertz Foto: Till Brönner/HR

Die ARD hat am Montagabend die Pilotfolge für eine neue Anwaltsserie auf das Publikum losgelassen. Gut, das Ganze war als Doku getarnt. Aber schon der Titel „Der Star-Anwalt“? Also bitte! Und dann dieser bekannte Schauspieler mit dem akkurat gestutzten Bart, wie es die Barista im Middle Temple der Inns of Court in der ZDF-Serie „Soko London“ zu tragen pflegen.

Jau. Anwälte und Schauspieler haben eine Menge gemeinsam, und Christian Schertz gehört zu den ganz Großen seiner Zunft. Auch als Medienanwalt. Ob sich so jemand mit den üblichen von einer gewissen Haltung getragenen Mitteln der TV-Dokumentation einfangen lässt? Diese Frage haben diverse Re­zen­sen­t*in­nen in den letzten Tagen erörtert (ich auch; zudem kenne ich Schertz, habe mal bei einem Buch von ihm mitgeschrieben und er hat mich und die taz ein paar Mal verklagt).

Die Antwort lautet Nein. Zum Glück gehen manche Medienanwälte eine Art Symbiose mit ihrem Sujet ein und werden, vorsichtig formuliert, medienge… affin. Und quatschen sich um den ein oder anderen Kragen. Um sich richtig reinzureiten, sind sie zu schlau.

Christian Schertz sagt dann Sätze wie: „Wenn nach meiner Auffassung jemand nicht verdient hat, in die Öffentlichkeit gezerrt zu werden mit Vorwürfen, die man ihm unterstellt, dann ist es meine Mission, das wegzubomben.“ Denn nur so kann Bomber Christian dafür sorgen, dass Gerechtigkeit hergestellt wird. Und kein goldenes Blättchen mit Herz über Günther Jauch „Krebsangst um seine Tochter“ titelt, weil in einer Schulturnhalle möglicherweise Asbest verbaut wurde.

Ganz schön Schizo

Aber er macht nicht nur Promi-Schnulli. Schertz vertrat auch Frauen gegen den mutmaßlichen Vergewaltiger und Starregisseur Dieter Wedel, der jedoch starb, bevor es zum Prozess kam. Aktuell vertritt Schertz Till Lindemann von Rammstein gegen ein paar Frauen, die ihm… Aber lassen wir das, das wird teuer. Doch es zeigt die Janusköpfigkeit des Jobs.

Schertz sagt: „Ich mache keine moralische Bewertung“, und schiebt hinterher, „man muss Sanftmut und Gnade walten lassen gegenüber Menschen, die Fehler machen.“ Das ist schon ganz schön schizo. „Er geht also mit gutem Beispiel voran und verteidigt das Gute der Menschen und vor allem die Wahrheit, wenn es ihm in den Kram passt?“, überlegt die Mitbewohnerin.

Dazu kommt bei Schertz ein gesundes Gespür, die Finger nicht in aussichtslose Puddings zu stecken. Sein Engagement als Medienanwalt von RBB-Intendantin Patrizia Schlesinger war von entsprechend kurzer Dauer. Die Bezeichnung ist dabei eigentlich falsch. Denn die meisten Medienanwälte sind heute nicht so wirklich für die Medien. Dass macht im Film auch der smarte Jurist in seiner Ku’damm-Kanzlei klar. Er gibt den großen Bellheim und sagt „die wirklichen Masterpieces […] sind doch die, wo es mir gelingt, Veröffentlichungen zu verhindern“. Was für ein Schertz!

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

2000-2012 Medienredakteur der taz, dann Redakteur bei "ZAPP" (NDR), Leiter des Grimme-Preises, 2016/17 Sprecher der ARD-Vorsitzenden Karola Wille, ab 2018 freier Autor, u.a. beim MDR Medienportal MEDIEN360G. Seit Juni 2023 Leitung des KNA-Mediendienst. Schreibt jede Woche die Medienkolumne "Flimmern und rauschen"

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.