Milde Urteile für „Penny-Crew“-Mitläufer

■ Anklage: Nichtanzeigen einer Straftat / Urteile: Freispruch, Verwarnung, noch ein bißchen „Erziehung“

Wohlverstanden: Die vier jungen Männer gestern vor Gericht, das waren nicht die, die zum Tag der Deutschen Einheit 1991 Brandsätze in das Bremer Asylbewerberheim in Schwachhausen geworfen hatten und inzwischen auf Bewährung verurteilt sind. Diese vier waren angeklagt, das Verbrechen ihrer „Penny-Crew“-Kumpane nicht angezeigt zu haben, nichts unternommen zu haben, um es zu verhindern (vgl. taz v. 24.11.92). Gestern sprach der Amtsrichter die Urteile: Ein Freispruch für den, der am Planungsabend gar nicht mehr anwesend gewesen war; von ihm soll hier weiter nicht die Rede sein. Weiter: Ein Schuldspruch mit der Konsequenz gerichtlicher „Verwarnung“ für einen, der sich selbst nicht als rechtsradikal bezeichnen wollte. Zwei Schuldsprüche mit der gerichtlichen „Weisung“, einen sozialen „Übungs- und Erfahrungskurs“ mitzumachen. Diese beiden waren zusätzlich angeklagt, im Februar einen Passanten mit Tritten und dann mit Holzschwertern zu

sammengeschlagen zu haben, zuletzt drei gegen den einen.

Daß es überhaupt Urteile gab, liegt am hartnäckigen Insistieren des Staatsanwalts von Bock und Polach; Richter Schuck hätte die

Verfahren lieber gegen erzieherische Auflagen eingestellt.

Vor Gericht saßen junge Männer, die nicht mal Kreide gefressen hatten. Das war auch gar nicht nötig. Es reichte aus, „weiß nicht mehr“ zu antworten, oder „teilweise schon“ oder „nix Bestimmtes“. Immerhin stand fest, daß die drei Verurteilten, zur Tatzeit zwischen 16 und 18 Jahren, dabei waren, als in der „Penny-Crew“ über den geplanten Anschlag geredet wurde und als am Vorabend aus Benzin, Lappen, Öl und Flaschen die Brandsätze gebaut wurden.

Einer der verurteilten Molo

tow-Werfer, Hannes O., als Zeuge vernommen, kam breitbeinig und demonstrativ verächtlich herein. Daß man nach Hoyerswerda auch in Bremen „was machen müßte“, klar, das sei besprochen worden. Aber der Molotow-Plan sei eher in der Ecke, mehr abseits gefaßt worden. Pech: Die anderen hatten schon viel mehr zugegeben.

„Penny-Crew“, hatte einer ausgesagt, das hieß saufen, rumhängen, Leute anmachen. Auch manchmal „Musik machen“. Was für Musik? Texte wie 'Wir wolln die Völker nicht vermischen' oder 'Hört ihr die Stiefel marschieren'? fragte der informierte Staatsanwalt. Nö, was anderes... Die Musiker nannten sich mal „Starkstrom“, mal „Terror 90“.

Ausländerfeindlichkeit? Weiß nich. Ist ja nix Besonderes in der heutigen Zeit, findet einer. Und: Man war ja Ausländern höchstens negativ konfrontiert, daß die Streit suchten. „Ausländer raus“, naja, das hat man schonmal geschrieen, wenn Alkohol im Spiel war.

Eine merkwürdige Gruppe, fand der Staatsanwalt: Sie ist so wichtig und so stark, daß man wegen Gruppendruck keinen verpfeifen will. Aber wenn es zur Sache ging, hat „man“ nicht zugehört, sich rausgehalten, weiß nicht, andere vielleicht.

Die Jugend-Gerichtshilfe („Wir stehen immer auf seiten der Jugendlichen, damit die nicht ganz abdriften“) argumentiert verständnisvoll: In Schwachhausen gibt es eben auch keine Freizis. Und sie hatten keinen Übungsraum. Es sei „jugendtypisch und verständlich“, daß man eine Gruppe nicht verpfeife. Für den Sozialpädagogen, bei dem der eine Angeklagte schon einmal einen Kurs absolviert hat, waren Feindschaften gegen Ausländer „überhaupt nicht ersichtlich gewesen“. Der eine Angeklagte sei ja auch „häufig von ausländischen Jugendlichen zusammengeschlagen“ worden: das hatten die vor Gericht nicht mal selbst behauptet. S.P.