Die Blitzkarriere des Bremer DVU–Abgeordneten Altermann

■ Der frühere SPD–Wähler hat sich erst im Mai den Rechtsradikalen angeschlossen / Wahlfraktion der DVU: Politische Statisten auf den oberen Listenplätzen, Organisatoren von der NPD

Aus Bremen Michael Weisfeld

Mit einem Abgeordneten ist die neofaschistische Deutsche Volksunion (DVU) in der neuen Bremer Bürgerschaft vertreten. Nicht im Landesdurchschnitt, wohl aber in Bremerhaven übersprangen die Rechtsradikalen die Fünf–Prozent–Hürde, und ihr Bremerhavener Spitzenkandidat, der 61jährige Schiffsingenieur im Ruhestand Hans Altermann zieht in die Bürgerschaft ein. Mit Politik habe er bisher nichts zu tun gehabt, sagte Altermann am Montag vor der für ihn verschlossenen Tür des Bremer Rathauses (siehe nebenstehenden Kasten), umgeben von demonstrierenden Schülern und Journalisten. Im Mai habe er auf eine Postwurfsendung der DVU geantwortet, sei dann der Partei beigetreten und im Sommer für Platz 1 der Liste in Bremerhaven nominiert worden. Früher habe er selten gewählt, denn meistens sei er als Schiffsingenieur auf „großer Fahrt“ gewesen. Wenn er mal an Land war, habe er immer SPD gewählt, das sei ja im Lande Bremen Tradition. Er habe sich der DVU angeschlossen, weil Bremen so verschuldet sei. „Deutsches Geld nur für Deutsche“, sagt er und erläutert: „Deutschland ist immer noch Zahlmeister der EG.“ Gegen Ausländer habe er nichts, „ein Türke ist sogar in meinem Schützenverein“. Nur kriminelle Ausländer, die sollten ausgewiesen werden. Die erste Aufgabe, die er in der neuen Bürgerschaft anpacken wolle, werde ein Antrag an den Bundesrat sein, Scheinasylanten aus der BRD auszuweisen. Ebenfalls über eine Postwurfsendung nahm die 25jährige Altenpflegerin Beate Haase aus Bremerhaven mit der DVU Verbindung auf. Sie hat auf Platz sieben der DVU–Liste kandidiert. Gegen sie läuft ein Ausschlußverfahren der Gewerkschaft ÖTV, der sie als Vertrauensfrau für die städtischen Altenheime angehört. Daß DVU– und Gewerkschaftsmitgliedschaft ein Widerspruch sind, kann sie nicht finden. Frau Haase hat früher noch nie gewählt: „Ich komme vom Lande, da interessiert man sich nicht dafür“. Politisch unerfahrene Leute auf die vorderen Plätze der Kandidatenlisten zu setzen, sei Taktik gewesen, sagt das NPD–Mitglied Johann Hustedt, der 1967 bis 1971 der Bremer Bürgerschaft angehörte: „Sonst wäre das Geschrei noch größer gewesen“. Andererseits wurde der gesamte Bremer Wahlkampf von einem NPD–Mann organisiert: Heinrich Gerlach, Organisationsleiter der DVU bei der Münchener Parteizentrale, wird auch für die nächsten Monate noch in Bremen bleiben. Im Gegensatz zu dem hilflosen und verlegenen Spitzenkandidaten Altermann wirkte er vorgestern vor dem Bremer Rathaus wie ein Fels in der Brandung: „Von Bremen aus wird jetzt ein politischer Aufbruch in der ganzen Bundesrepublik ausgehen“, sagte er zum Wahlergebnis. Der Bremer Spitzenkandidat der DVU, der Flugzeugingenieur Ulrich Stampa, habe „große Angst“ davor gehabt, in die Bürgerschaft einziehen zu müssen, sagte er gestern zur taz. „Jetzt bin ich froh.“ Vor der Wahl habe er telefonisch Kontakt mit vielen Sympathisanten und Wählern der DVU gehabt - überwiegend ältere Leute, frühere CDU–Anhänger, die wegen der Weizsäcker– Rede zum 8. Mai 85 oder wegen der Kritik von Arbeitsminister Blüm an der chilenischen Regierung von der CDU enttäuscht seien. Eine andere Gruppe seien junge Leute, die gar nicht argumentieren könnten, die nur irgendwelche Feindbilder im Kopf hätten. Organisationsleiter Gerlach ist gerade auf diese Anhänger stolz: „Ab dem Jahrgang 196O haben wir viel Zulauf.“