viola weigel, designierte kunsthallenchefin
: Widerstand muss sein

Die Visibilität sei überschätzt, hat kürzlich der Lüneburger Ästhetik-Prof Roger Bürgel befunden. Was Übles für die „documenta“ schwanen lässt, die er vorbereitet, und hoffentlich keinen neuen Trend setzt. Denn wenig ist langweiliger als rein platonische Kunst.

Wenn es doch so kommen sollte, hat wenigstens die Kunsthalle Wilhelmshaven jetzt gute Chancen, sich als Hort des Widerstands zu profilieren. Denn zur neuen Leiterin hat man dort Viola Weigel berufen. Und die in Karlsruhe geborene Kunsthistorikerin hat sich nicht zuletzt durch „Studien zur Visualität“ in der englischen Frühmoderne einen Namen gemacht: „Die Wiedergewinnung des Sichtbaren“, so lautete der Titel ihrer Promotionsschrift. Angenommen und verteidigt wurde die im Jahr 2000 an der Uni Basel. Und mit Bestnote bewertet. Als Kuratorin und wissenschaftliche Projektleiterin hat die 40-Jährige dann vor allem an der Fondation Beyeler in Basel Erfahrungen gesammelt. Die erste große Ellsworth-Kelly-Werkschau hat sie dort konzipiert – viele bedeutendere lebende Künstler als den New Yorker Maler gibt es nicht.

Weigel kann also selbstbewusst auftreten in der Marine-Stadt. Und wird es wohl auch müssen: Ihr Vorgänger Daniel Spanke war schließlich, nachdem er Wilhelmshaven überregionale Beachtung durch Ausstellungen wie „Kaiser Wilhelm als Maler“ verschafft hatte, gemobbt worden. Pläne, seinen Jahres-Etat auf 100.000 Euro zu halbieren wurden öffentlich, aber ohne Rücksprache mit dem Kunstverein diskutiert. In die Realität gesetzt, hätten sie die Invisibilisierung der Kunsthalle bedeutet. Oder einfacher gesprochen: ihre Schließung.

Spanke nutzte die Gelegenheit, bewarb sich mit seinen Wilhelmshavener Referenzen als Leiter des Stuttgarter Neuen Museums – und hatte Erfolg. Die Kürzungsdiskussion wurde danach nicht weitergeführt. Aber dumme Ideen haben die schlechte Angewohnheit, bei Gelegenheit wiederzukehren: Auch gegen derlei Begehrlichkeiten wird Weigel also Widerstand zu leisten haben. Vielleicht sogar noch mehr als gegen Kuratoren-Moden. bes