Elbphilharmonie wird teurer: Glasmonster frisst 500 Millionen

Nach monatelangen Diskussionen über die Kostensprünge der Elbphilharmonie hat Hamburgs Kultursenatorin jetzt den vorläufigen Endpreis genannt. Über einen Ausstieg aus dem teuren Konzerthaus-Projekt denkt man aber gar nicht erst nach.

Koste es, was es wolle: Gebaut werden soll das Vorzeigeobjekt. Bild: DPA

Es ist eine Reise mit unbekanntem Ziel, jedenfalls in Sachen Finanzen: Seit Monaten wird in Hamburg über Kostensteigerungen der Elbphilharmonie sowie über die Verschiebung des Eröffnungstermins diskutiert. Seit Wochen steht Kultursenatorin Karin von Welck (parteilos) deshalb unter Beschuss. Immer wieder fielen Zahlen, immer wieder wurden sie nach oben korrigiert.

Juli 2005: Die erste Machbarkeitsstudie geht von Gesamtkosten in Höhe von 186 Millionen Euro aus. Der Anteil der öffentlichen Hand: 77 Millionen.

29. November 2006: Laut Bürgermeister von Beust (CDU) steigen die Baukosten auf 241,3 Millionen Euro - Anteil der Stadt: 114,3 Millionen.

26. November 2008: Kultursenatorin von Welck räumt eine Kostenexplosion ein: Der Betrag für den Steuerzahler erhöhe sich um 209 Millionen auf 323 Millionen Euro. TAZ

Jetzt ist angeblich Klarheit da: Rund 500 Millionen Euro wird der gläserne Koloss kosten, "für den es bislang ein Vertragswerk gab, für das die Formulierung ,Festpreis sicherlich unglücklich war", sagt Heribert Leutner, Chef der städtischen Realisierungsgesellschaft (Rege). Kosten für den Steuerzahler: 323 Millionen, dreimal so viel wie einst geplant (siehe Kasten). Den Rest zahlen Sponsoren und Investoren.

Wie die Preiserhöhungen zustande kamen, weiß angeblich niemand so recht: Da wurden Änderungswünsche des Architektenbüros Herzog & de Meuron angeführt, das "im Detail - etwa bei den Materialien - gern neue Wege geht", so Leutner.

Ein weiterer Kostenfaktor: Nachforderungen wegen "Baubehinderungen", die der Konzern Hochtief an die Stadt gestellt hatte. Etliche davon hätte man voraussehen können, etwa die umfangreiche Brandschutzmaßnahmen. Oder die plötzlich undichte Fassade des "Sockels". Und, nicht zuletzt: jene gut 600 Pfähle, die in den Untergrund gerammt werden mussten, damit der frühere Kakaospeicher das werdende Konzerthaus überhaupt trägt. Es habe "vorher Gutachten und stichprobenartige Bohrungen gegeben", sagt Leutner. "Aber es gab noch viele Überraschungen, die zusätzlich Zeit und Geld gekostet haben." All das hatte Hochtief zusätzlich in Rechnung gestellt - auch wegen des ungeschickten Agierens des städtischen Verhandlungsführers Hartmut Wegener. Der wurde im September geschasst.

Nachfolger Leutner sagt jetzt, er habe den Knoten gelöst. "Wir haben eine große Kosten- und Terminsicherheit", beteuert er. "95 Prozent des Bausolls sind geplant - das heißt: Wir wissen, was wir bauen, und was es kosten wird." Dass die Stadt trotzdem weitere 137 Millionen Euro an Hochtief zahlen muss, findet die Senatorin bedauerlich: "Aber die Verhandlungen waren ein großer Erfolg."

Als "Erfolg" verbucht die Stadt auch, dass Architekten und Baufirma erstmals nach einem gemeinsamen Terminplan arbeiten. Dass der nicht spätestens bei der Grundsteinlegung erstellt wurde, wird nämlichem Wegener angelastet; mit ein Grund für die Kostenexplosion. Die will man künftig durch Controlling verhindern: Mit Vertretern von Stadt, Baufirma und Architekten bestückte Teams sollen auf die Einhaltung der Budgets achten.

Warum all dies so unprofessionell gehandhabt wurde und wieso erst Karin von Welck - seit Mai für die Elbphilharmonie zuständig - den ungelenken Wegener entfernte: Die Verantwortlichen schweigen. Auch Fragen nach einem Ausstiegsszenario wehren Kultursenatorin und Erster Bürgermeister Ole von Beust (CDU) konstant ab. Sie verweisen auf den weltweiten Enthusiasmus und einen möglichen Imageverlust. Über den Imageverlust in der Bevölkerung macht man sich weniger Gedanken. Die hofft man durch die bombastische Optik zu überzeugen, steht der Bau erstmal. Eröffnung ist - das ist jetzt sicher - im Mai 2011.

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