Treffen der G 20

Beim Gipfel der Finanzminister in Baden-Baden war für die USA Steven Mnuchin dabei, der sich zurückhaltend gab

Diesmal mit Gemütlichkeit

Gipfel Die USA geben sich passiv beim Treffen der Finanzminister. Man lauschte den weisen Worten von Wolfgang Schäuble, sprach nicht übers Klima, dafür übers Essen

Die andere Seite: G-20-Demonstranten*innen stürmen die symbolische „Festung Europa“ in Baden-Baden Foto: Kai Pfaffenbach/reuters

aus Baden-Baden Ingo Arzt

Das Essen war wunderbar und auch gut trinken könne man in Baden-Baden. „Die Weine waren alle aus der Gegend“, sagt Wolfgang Schäuble auf der Abschlusspressekonferenz, und damit ist das Wesentliche auch schon erklärt. Am Freitag und Samstag trafen sich die Finanzminister und Notenbankchefs der 20 größten Industrienationen in der badischen Kurstadt. Primär ging es darum, den US-Amerikanern zu zeigen, wie gemütlich es auf multilateralen Treffen sein kann. Wer sich wohlfühlt, der kommt wieder.

Da kann man schon mal den Klimaschutz vergessen. Im vergangenen Jahr gab es dazu noch starke Sätze von den G-20-Staaten. Die Finanzminister riefen dazu auf, das 2015 geschlossene UN-Abkommen von Paris schnell umzusetzen. Es soll die Erderwärmung auf zwei Grad begrenzen. Gleiches galt für die Agenda 2030 der Vereinten Nationen, mit der sich die Staaten der Welt etwa verpflichtet haben, Armut und Hunger bis zum Jahr 2030 zu beenden.

Beides ist gleich zu Beginn der Gespräche ersatzlos und ohne Gegenwehr der deutschen Präsidentschaft von der Agenda gestrichen worden. US-Präsident Donald Trump glaubt nicht an den Klimawandel. Im Juli treffen sich die Staats- und Regierungschefs in Hamburg, wo die große Linie der G-20-Staaten festgelegt wird – dann soll auch das Klima wieder verhandelt werden. Schäuble wollte als Gastgeber diesmal offenbar vor allem zeigen, dass die G 20 auch mit der seltsamen neuen US-Regierung funktionieren.

Stattdessen verwies Schäuble darauf, dass die G-20-Staaten erstmals ein Partnerschaftsprogramm mit Afrika entworfen haben, was mehr bringe als ein weiteres Bekenntnis zur Agenda 2030 der Vereinten Nationen in die Abschlusserklärung des Gipfels zu fummeln. „Das ist im Zweifel auch nichts, was die Welt voranbringt“, so Schäuble. Der französische Finanzminister Michel Sapin sah das anders. „Ich finde es schade, dass unser Gespräch heute kein gutes Ergebnis für die wichtigsten aktuellen Themen gebracht hat“, sagte er und nannte Klimawandel und Handel.

US-Finanzminister Steven Mnuchin hatte allerdings schlicht kein Mandat seitens seines Präsidenten Donald Trump, die beiden Themen in Baden-Baden zu besprechen. Aus Verhandlungskreisen war zu hören, dass sich Mnuchin während der Gespräche kaum zu Wort meldete, und wenn, habe er Statements abgelesen. Ein derart passiver US-Finanzminister ist wohl ein Novum auf einem G-20-Treffen. Einer der Gründe, warum das Thema Klima nicht zur Sprache kam, ist, dass die US-Regierung sich bisher nicht einig ist, wie sie damit umgehen soll. Mnuchin sagte auf seiner Pressekonferenz, Trump schaue sich das Klimaschutzabkommen von Paris derzeit an, es sei Thema der Regierungschefs. Ob er, Mnuchin, im Gegensatz zu Trump davon überzeugt sei, dass es einen von Menschen verursachten Klimawandel gebe? „Da bin ich kein Experte“, sagt er.

Afrika: Deutschland hat eine Partnerschaft mit afrikanischen Ländern initiiert: Investoren werden aufgefordert, dort mehr Geschäfte zu machen. Entwicklungshilfe solle besser koordiniert werden. Attac kritisierte, das solle davon ablenken, dass afrikanische Länder bei G 20 nichts zu sagen hätten.

Digitalisierung: Welcher Staat bekommt die Mehrwertsteuer, wenn ein Deutscher in Griechenland mit seinem Smartphone von einem US-Server ein Lied lädt? Um solche Fragen will sich die G 20 kümmern. Bisheriger Vorschlag: Steuer wird da fällig, wo das Handy registriert ist.

Wechselkurse: Kein Staat soll seine Währung abwerten, das würde ihm einen Wettbewerbsvorteil bringen. Steht im Papier, stand aber auch schon früher drin – nur jetzt vor dem Hintergrund, dass die USA den Deutschen vorwerfen, den Euro künstlich billig zu machen. (ia)

Nun lässt sich das Thema Klima aus einem G-20-Kommuniqué leicht streichen, nicht aber das Thema Handel. Schließlich ist das 5-seitige Abschlusspapier ein Gradmesser dafür, welche gemeinsamen Positionen die größten Staaten der Welt in der internationalen Finanz- und Wirtschaftspolitik haben. Einer von Trumps Wahlkampfschlagern war stets, auf die schlechte Handelsbilanz der USA zu schimpfen – und zur Not Importzölle zu erheben, um das Defizit mit anderen Staaten, insbesondere mit Deutschland, auszugleichen. Schäuble zuckt bei dem Thema nur mit den Schultern und verweist darauf, dass es eben ist, wie es ist; die Amerikaner kaufen mehr deutsche Produkte als andersherum, was soll man da machen?

„Wir arbeiten daran, den Beitrag des Handels für unsere Wirtschaft zu stärken“, heißt es ziemlich nichtssagend im Abschlusspapier. Eine klare Ablehnung von Protektionismus, wie in den Jahren zuvor, wurde von den USA verhindert. Aber man wolle globale Ungleichgewichte abbauen und die USA scheren offenbar auch nicht beim Kampf gegen Steuerhinterziehung und Steuerflucht von Großkonzernen aus. Mehr als hundert Staaten wollen bis 2018 dazu Daten austauschen – auch die neue US-Administration macht mit.

Schäuble scheint sein Hauptziel erreicht zu haben: einen guten Draht zu Mnuchin aufzubauen, der im deutschen Finanzminister offenbar eine Art Shaolin-Mönch der internationalen Politik sieht. Es sei seine erste Auslandsreise als Finanzminister gewesen, sagte Mnuchin und in Richtung Schäuble: „Die Weisheiten von jemandem zu hören, der schon so viel rumgekommen ist, das hat wirklich sehr geholfen.“