Kommentar von Malte Kreutzfeldt zum Urteil über die BrennelementeSteuer
: Verzicht mit bitteren Konsequenzen

Die Bundesregierung ist sehenden Auges ins Verderben gelaufen

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist eine böse Überraschung. Die Atomkonzerne Eon, RWE und EnBW bekommen über 6 Milliarden Euro Steuern zurück, die sie in den letzten Jahren auf ihre Brennelemente zahlen mussten. Die Steuer wurde zwar von allen ­Parteien befürwortet, aber nach Ansicht des obersten deutschen Gerichts verstieß sie gegen steuerpolitische Grundsätze. Das ist bitter, aber wohl nicht zu ändern.

Sehr wohl zu ändern gewesen wäre, dass die Unternehmen die Milliardensumme nun tatsächlich zurückgezahlt bekommen. Denn Ende letzten Jahres hat die Regierung eine Vereinbarung mit den AKW-Betreibern über die Kosten der Atommüllentsorgung getroffen. Gegen eine Einmalzahlung der Konzerne von 18 Milliarden Euro hat der Bund die Verantwortung für die Endlagerung übernommen – und gegen einen Risikoaufschlag von gerade mal 6 Milliarden zudem für alle Kostensteigerungen, die es dabei geben wird.

Die Kommission, die diesen Vorschlag erarbeitet hatte, knüpfte ihn an die Forderung, dass die Konzerne im Gegenzug alle Klagen gegen den Staat zurückziehen – auch jene gegen die Brennelementesteuer. Das wurde ignoriert. Verzichtet hat die Bundesregierung auch auf die Möglichkeit, nachträglich zusätzliches Geld zu fordern, wenn sich die wirtschaftliche Situation der Konzerne verbessert, wie jetzt durch das Urteil geschehen.

Als die Brennelementesteuer beschlossen wurde, mag niemand damit gerechnet haben, dass sie keinen Bestand haben könnte; zum Zeitpunkt der Einigung mit den Konzernen war diese Gefahr aber sehr wohl bekannt. Damit ist die Bundesregierung sehenden Auges ins Verderben gelaufen. Sie trägt die Verantwortung dafür, dass die AKW-Betreiber nun genau jene Summe zurückbekommen, die ihnen zuvor als Risikoaufschlag für den Atommüll auferlegt wurde.

Wenn die Steuer schon für die Vergangenheit nicht erhoben werden darf, muss die Politik wenigstens für die restliche Laufzeit der Atomkraftwerke bis 2022 schnell eine rechtssichere Lösung beschließen. Verzichtet sie darauf, wäre das ein bitteres Zeichen dafür, dass die Steuer von Anfang an nicht wirklich ernst gemeint war – und ein Beleg für die weiterexistierende Lobbymacht der Atomkonzerne.