Prozess gegen 486 angebliche Putschisten

Türkei Regierung stellt mutmaßliche Anführer des Putschversuchs vom Juli 2016 vor Gericht

ANKARA ap/dpa | In der Türkei hat am Dienstag ein aufwendiger Gerichtsprozess gegen fast 500 Verdächtige im Zusammenhang mit dem Putschversuch vom Juli 2016 begonnen. Sie werden verdächtigt, den gescheiterten Staatsstreich angeführt und von einem Luftwaffenstützpunkt in Ankara Angriffe verübt zu haben. Der in den USA lebende Geistliche Fethullah Gülen ist der Hauptangeklagte. Gegen ihn wird in Abwesenheit verhandelt. Gülen bestreitet, an dem Putschversuch beteiligt gewesen zu sein.

Ein Exkommandeur der Luftwaffe, Akin Öztürk, und andere Angeklagte, die auf dem Luftwaffenstützpunkt Akıncı nahe Ankara stationiert waren, werden beschuldigt, Parlament und Regierungsgebäude bombardiert zu haben. Vielen der 486 Verdächtigen drohen lebenslange Haftstrafen für Verbrechen, zu denen Verfassungsbruch, Mord und der Versuch zählen, ein Attentat auf den Präsident zu verüben und die Regierung zu stürzen.

Die Regierung behauptet, die Putschisten hätten den Luftwaffenstützpunkt Akıncı als Zentrale benutzt. Militärchef Hulusi Akar und andere Kommandeure wurden dort in der Nacht des Putschversuchs mehrere Stunden lang gefangen gehalten. Am Dienstag wurden 41 Angeklagte in dem Gerichtsgebäude vorgeführt, das eigens für Prozesse gegen die mutmaßlichen Putschisten errichtet worden ist. Die Angeklagten trugen Handschellen, wurden an jedem Arm von paramilitärischen Polizisten gehalten und von bewaffneten Spezialsicherheitskräften begleitet. Insgesamt sitzen 461 Angeklagte hinter Gittern, während 18 vorübergehend auf freien Fuß gesetzt wurden. Sieben weiteren, inklusive Gülen und ein mutmaßliches hochrangigen Mitglied seiner Bewegung, wird in Abwesenheit der Prozess gemacht, da die Türkei ihrer noch nicht habhaft geworden ist.

Familienangehörige von Opfern, die während des Putschversuchs getötet oder verwundet wurden, machten ihrer Wut Luft, als die Angeklagten zum Gerichtsgebäude gebracht wurden. Manche warfen Seile in Richtung der Angeklagten und forderten, dass die Todesstrafe wieder eingeführt wird und sie gehängt werden. Andere warfen Steine und versuchten, Polizeiabsperrungen zu durchbrechen und die Verdächtigen zu erreichen, und riefen „Mörder“. Insgesamt waren 1.300 Sicherheitsbedienstete innerhalb und außerhalb des Gerichtssaals im Einsatz. Nach dem Putschversuch wurden bislang mehr als 50.000 Menschen verhaftet und mehr als 110.000 Staatsbedienstete entlassen.