Razzia in Regierungsbehörden

Spanien Die Militärpolizei dringt in Büros der katalanischen Regionalregierung ein und nimmt hochrangige Beamte fest, die das Unabhängigkeitsreferendum vorbereiten

Ein Demonstrant gegen die Razzien in Barcelona geht zu Boden Foto: Emilio Morenatti/ap

Aus Madrid Reiner Wandler

Neue Eskalation im Streit über das geplante katalanische Unabhängigkeitsreferendum: Am Mittwochmorgen ist die spanische Militärpolizei Guardia Civil in mehrere Gebäude der katalanischen Autonomieregierung eingedrungen. 41 Büros wurden durchsucht, zahlreiche Unterlagen beschlagnahmt und 14 hochrangige Mitarbeiter der Autonomieregierung festgenommen.

Es soll sich dabei um die direkten Verantwortlichen für die Vorbereitung des für den 1. Oktober geplanten Referendums handeln. Die festgenommenen unterstehen alle dem Vizepräsidenten der Autonomieregierung Oriol Junqueras. Unter ihnen befindet sich seine rechte Hand und Leiter des Wirtschaftsressorts, Josep Maria Jové.

„Der Staat hat faktisch die Selbstregierung Kataloniens außer Kraft gesetzt“, erklärte der katalanische Regierungschef Carles Puigdemont nach einer eiligst einberufenen Krisensitzung. Er verurteilte die „totalitäre Haltung“ der Regierung in Madrid. „Wir rufen weiterhin zum 1. Oktober auf“, bekräftigte Puigdemont. „Wir müssen uns mit den einzigen Waffen verteidigen, die wir haben: eine friedliche und demokratische Antwort der Bürger.“

Vor dem betroffenen Bürogebäude versammelten sich Tausende Menschen mit katalanischen Unabhängigkeitsfahnen. „Besatzungskräfte raus!“ und „Unabhängigkeit!“ riefen sie immer wieder.

Über eine Million Flugzettel und Plakate wurden bereits beschlagnahmt

„Das geschieht auf richterliche Anweisung, damit die Gesetze respektiert werden“, erklärte Spaniens konservativer Ministerpräsident Mariano Rajoy vor dem Parlament in Madrid. Er tue nur „seine Pflicht“. Das Referendum wurde auf Drängen der konservativen Regierung in Madrid vom spanischen Verfassungsgericht suspendiert. Alle, die mit der Vorbereitung zu tun haben, machten sich deshalb strafbar, so die Justiz.

Die Generalstaatsanwaltschaft ermittelt bereits gegen mehr als 700 katalanische Bürgermeister, die sich bereit erklärt haben, für den 1. Oktober die üblichen, gemeindeeigenen Wahllokale zur Verfügung zu stellen. Die Guardia Civil hat in den letzten Tagen weit über eine Million Plakate und Flugzettel beschlagnahmt. Am Dienstag wurden bei einem privaten Postdienst 45.000 Schreiben beschlagnahmt, die sich an die per Losverfahren ernannten Leiter der Abstimmungslokale für das Referendum richteten. Außerdem stellte Madrid die Finanzverwaltung Kataloniens unter Aufsicht. Vize Junqueras legte dagegen vor dem Obersten Gerichtshof Klage ein. Das spanische Innenministerium erließ am Mittwoch für alle Polizeieinheiten sowie die Guardia Civil Urlaubssperre.

Während die rechtsliberalen Ciudadanos und die sozialistische PSOE das Vorgehen der Justiz und der Regierung Rajoy ausdrücklich unterstützen, verließen 17 katalanische Abgeordnete die Plenarsitzung des spanischen Parlament, als die Durchsuchungen bekannt wurden. Der Vorsitzende der linksalternativen Unidos Podemos (UP), Pablo Iglesias, sprach im Zusammenhang mit den festgenommenen von „politischen Gefangenen“.