Trump in Helsinki: „Erbärmlich“, „Verrat!“

Auch Konservative, die sich sonst zurückhalten, empören sich in den USA über Donald Trumps Auftritt beim Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin

„Verräter!“ Protestierende vor dem Weißen Haus in Washington, D. C. am Montagabend Foto: Yuri Gripas/reuters

Von Dorothea Hahn, New York

Wie nennt man es, wenn der US-Präsident bei einem Treffen mit dem russischen Präsidenten in Finnland die Institutionen der eigenen Republik – von der Justiz über die Geheimdienste, die Opposition und bis hin zu den Medien – beleidigt und desavouiert? Und wenn er dem Russen, der für massive Störungen im eigenen Wahlkampf verantwortlich gemacht wird, der die international kritisierte Besetzung eines anderen Landes organisiert und der für zahlreiche militärische Konfrontationen in anderen Ländern verantwortlich ist, ein Kompliment nach dem anderen zuwirft, ihn mit keiner kritischen Frage konfrontiert und ihn wegen nichts zur Rede stellt?

„Verrat“ nennt es John Brennan, der unter Barack Obama Chef der CIA war. „Erbärmlich“ der republikanische Senator und Ex-Präsidentschaftskandidat und Senator John McCain. „Beschämend“ der republikanische Senator Jeff Flake.

Donald Trump hatte bei der Pressekonferenz in Helsinki die Erkenntnisse seiner eigenen Geheimdienste über eine russische Einmischung in den US-Wahlkampf für unglaubwürdig erklärt und dem neben ihm stehenden Putin öffentlich sein Vertrauen bekundet. Statt den russischen Präsidenten kritisch anzugehen, erging sich Trump in einer seiner üblichen Tiraden gegen Hillary Clinton, die Demokraten und die „Hexenjagd“, die gegen ihn stattfinde.

Die Empörung über den Auftritt in Helsinki ging dieses Mal in den USA weit über demokratische Oppositionelle und ihnen freundlich gesinnte JournalistInnen hinaus. Sie erfasste Konservative, die ihre Kritik an Trump sonst für sich behalten. Doch nun haben sich zahlreiche RepublikanerInnen zu Wort gemeldet und verlangt, dass Trump den russischen Präsidenten zur Rechenschaft zieht.

Der republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses, Paul Ryan, kritisierte Trump mit den Worten: „Es ist keine Frage, dass Russland sich in unsere Wahlen eingemischt hat und weiterhin versucht, unsere Demokratie hier und im Rest der Welt auszuhöhlen. Russland ist nicht unser Alliierter, sondern weiterhin feindselig gegen unsere grundlegendsten Werte und Ideale.“ Und der Republikaner Newt Gingrich bescheinigte Trump den „schwersten Fehler seiner Präsidentschaft“.

Verhaltener als bei dem von Barack Obama ernannten ehemaligen CIA-Chef Bannon, aber dennoch eindeutig fiel die Reaktion eines gegenwärtigen Spitzengeheimdienstlers aus. Der von Trump eingesetzte Direktor der National Intelligence, Dan Coats, erinnerte daran, dass die Geheimdienst-Community“ die Aufgabe habe, dem Präsidenten „die besten Informationen und auf Fakten basierenden Beurteilungen“ zu liefern. „Wir sind eindeutig sowohl bei unserer Einschätzung der russischen Einmischung in die Wahlen 2016 als auch bei den fortlaufenden und allgegenwärtigen Anstrengungen, unsere Demokratie zu unterlaufen“, versicherte Coats nach Trumps Pressekonferenz.

In der vergangenen Woche hatte die US-Justiz zwölf Mitarbeiter des russischen Geheimdienstes unter Anklage gestellt. Ihnen wird vorgeworfen, für Hackerangrif­fe unter anderem gegen das direkte Umfeld Hillary Clintons verantwortlich zu sein.

Selbst konservative Medien haben Trump scharf kritisiert. Auf dessen Hofsender Fox nannte Neil Cavuto die Pressekonferenz „widerlich“. Und das Wall Street Journal befand, dass Trump Putin einen „großen Propagandasieg“ verschafft habe. Das Wall Street Journal berichtet auch, dass das Weiße Haus ein „konfrontativeres Vorgehen“ von Trump bei der Pressekonferenz geplant habe.