USA wollen Atomwaffenvertrag kündigen: Rückschritt um 30 Jahre

Trump wirft Russland einen Verstoß gegen das INF-Abkommen vor. Der Streit über die atomare Abrüstung brodelt seit Jahren.

Raketentransportfahrzeuge

1988 führte das INF-Abkommen dazu, dass Raketen Stützpunkte in Deutschland verlassen mussten Foto: dpa

GENF taz | US-Präsident Donald Trump will den Washingtoner Vertrag über nukleare Mittelstreckensysteme mit Russland aufkündigen. Moskau verstoße seit vielen Jahren gegen den 1987 geschlossenen Abrüstungsvertrag, sagte Trump am Samstag bei einem Wahlkampfauftritt in Nevada.

Mit seiner Ankündigung folgt Trump dem Drängen seines Sicherheitsberaters John Bolton. Bereits bei den Präsidenten Ronald Reagan und George Bush sen. (1980–1992) sowie George Bush jun. (2000–2008) profilierte sich Bolton als entschiedener Gegner des INF-Abkommens sowie anderer bilateraler Rüstungskontrollabkommen mit Moskau. Heute reist Bolton zu Gesprächen nach Moskau, bei denen das weitere Schicksal des INF-Vertrags Hauptthema sein dürfte.

Mit dem Abkommen vereinbarten die beiden Großmächte 1987 die Verschrottung aller damals vorhandenen landgestützten, atomar bestückbaren Mittelstreckenraketen (Intermediate Nuclear Forces) beider Seiten mit einer Reichweite von 500 bis 5.000 Kilometern sowie den Verzicht auf die künftige Entwicklung und Produktion derartiger Waffen. Dem Abkommen vorausgegangen waren die bis dato größten Demonstrationen der Friedensbewegung gegen die weitere atomare Aufrüstung in Europa mit Mittelstreckenraketen vom Typ Persing II, Cruise Missiles und SS 20.

Seit drei Jahren wirft Washington Moskau vor, das INF-Abkommen durch die Entwicklung eines neues Raketensystems mit der Bezeichnung 9M729 zu verletzen. Moskau behauptet, das neue System sei nur für die Stationierung auf Schiffen und U-Booten vorgesehen. Umgekehrt wirft Russland den USA vor, den Vertrag durch ihr geplantes Raketenabwehrsystem mit Stellungen in verschiedenen osteuropäischen Nato-Staaten zu verletzen.

Russlands Vizeaußenminister Sergej Rjabkow verurteilte den „sehr gefährlichen Schritt der USA“. Trumps Entscheidung sei „Teil einer US-Strategie, sich von den internationalen Rechtsabkommen zurückzuziehen“, die das „Konzept des eigenen ‚Exzeptionalismus‘ gefährden“.

Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) bezeichnete Trumps Entscheidung als „bedauerlich“. Das Abkommen sei „seit 30 Jahren eine wichtige Säule unserer europäischen Sicherheitsarchitektur“. Rückendeckung erhielt Trump lediglich aus London: Der britische Verteidigungsminister Gavin Williamson sagte, sein Land stehe voll und ganz an der Seite der USA. Er machte Russland dafür verantwortlich, den Vertrag aufs Spiel zu setzen.

Sollten die USA den INF-Vertrag tatsächlich kündigen, könnte es zu einer neuen Aufrüstungsrunde mit atomaren Mittelstreckenraketen in Europa kommen. Dann wäre auch das bislang noch für 2021 von beiden Seiten ins Auge gefasste neue Abkommen zur weiteren Reduzierung ihrer strategischen atomaren Arsenale (Start 3) hinfällig. Schon jetzt drängt Sicherheitsberater Bolton Präsident Trump dazu, dieses Vorhaben aufzugeben.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.