Erdoğans Superflughafen

Am Tag der Republikgründung wurde in Istanbul der künftig größte Airport der Welt eröffnet. Bis zu 200 Millionen Reisende sollen ihn jährlich nutzen können

Mit einer feierlichen Einweihung wurde am Montag in Istanbul der künftig weltweit größte Flughafen eröffnet. Der neue Istanbuler Flughafen ist ein Megaprojekt der Superlative. Auf sechs Start-und-Lande-Bahnen sollen einmal bis zu 200 Millionen Passagiere im Jahr abgefertigt werden können. Das Gelände ist so groß wie 11.000 Fußballfelder.

Zur gestrigen Eröffnung war davon noch nicht viel zu sehen. Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan hatte aus symbolischen Gründen auf die Eröffnung am 29. Oktober, dem 95. Jahrestag der Gründung der türkischen Republik, gedrängt. So mussten sich Staatsgäste aus 87 Nationen auf einer gigantischen Baustelle einfinden. Lediglich Aserbaidschan und Nordzypern wird Turkish Airlines ab dieser Woche vom neuen Flughafen anfliegen, der andere Verkehr wird bis mindestens Ende des Jahres weiterhin vom Atatürk Airport abgewickelt. Erst wenn der Bau so weit ist, will die halbstaatliche Linie auf den neuen Flughafen umziehen.

Im kommenden Jahr sollen nach Fertigstellung der ersten Ausbaustufe 90 Millionen Passagiere abgefertigt werden können. Das sind immerhin schon dann fast 35 Millionen mehr Passagiere als in Frankfurt. Die meisten Experten sind sich einig, dass der Flughafen ökonomisch ein Erfolg werden wird. Für Erdoğan ist es das wichtigste Projekt der letzten 15 Jahre. Istanbul will zu einem Drehkreuz zwischen Europa und Asien werden. Der Flughafen soll Transitpassagiere nach China und Südostasien abfertigen und vor allem Dubai Konkurrenz machen. Auch der Ausbau des Kargo-Bereichs soll viel Geld bringen.

Der Bau des Großflughafens wurde in gut vier Jahren durchgezogen, Einwände von Naturschützern oder Anwohnern wurden vom Tisch gewischt. Gewerkschaften und Arbeiter klagten vor allem in diesem Jahr über einen wachsenden Arbeitsdruck, der nicht zuletzt dazu führte, dass auf dem Bau mehr als 30 Menschen tödlich verunglückten. Eine spontane Arbeitsniederlegung von mehreren tausend Beschäftigten im September beantworteten die Verantwortlichen mit einem brutalen Polizeieinsatz und der Festnahme von rund 500 Demonstranten. Rund 30 von ihnen sitzen bis heute in Untersuchungshaft. Jürgen Gottschlich, Istanbul