Medienportal in Belarus gesperrt

Behörden sperren das unabhängie Nachrichtenportal tut.by. Es gab Durchsuchungen und Festnahmen

In Belarus geht der Kampf gegen unabhängige Medien weiter: Am Dienstag erwischte es wieder einmal das unabhängie Nachrichtenportal tut.by. Bereits am Morgen hatten die Behörden die Seite, die vor allem in Belarus gelesen wird und rund drei Millionen Le­se­r*in­nen hat, gesperrt. Zur Begründung hieß es, tut.by habe Informationen nicht registrierter Organisationen verbreitet und damit gegen das Gesetz über Massenmedien verstoßen.

Doch das belarussische Staatliche Kontrollkomitee (KGK) hatte noch einen zweiten Vorwurf parat: Angeblich soll die gleichnamige Mediengruppe seit 2019 Steuern in großem Stil hinterzogen haben. Am frühen Dienstagmorgen hatten sich Sicherheitskräfte gewaltsam Zugang zu den Privatwohnungen der Chefredakteurin Marina Solotowa sowie weiterer Kol­le­g*in­nen verschafft und dort sowie in Redaktionsräumen und Tochterfirmen von tut.by Hausdurchsuchungen durchgeführt. Wie das russische Investigativportal insider.ru berichtet, seien mindestens 13 Mit­ar­bei­te­r*in­nen von tut.by vorrübergehend festgenommen worden.

Waleri Tsepkalo, der bei der Präsidentenwahl am 9. August 2020 hatte antreten wollen, nicht zugelassen wurde und jetzt im Ausland lebt, sprach von einem politisch motivierten Schritt. Die Oppositionspolitikerin Swetlana Tichanowskaja nannte das Vorgehen gegen tut.by einen „vorsätzlichen Mord“ an der unabhängigen Presse und forderte die EU auf, unverzüglich zu reagieren. Es brauche sofort Programme, um unabhängige Medien zu unterstützen, sagte Tichanowskaja.

Die Staatsmacht hat es seit Längerem auf tut.by abgesehen. Im Dezember vergangenen Jahres wurde dem Onlineportal der Status eines Massenmediums aberkannt. Zu den angeblichen Falschinformationen gehören auch mehrere Berichte über die Stiftung BYSOL, die Opfer von Repressionen finanziell unterstützt.

Im November wurde die tut.by-Journalistin Katarina Borisewitsch festgenommen. Sie hatte über Roman Bondarenko berichtet, der verstorben war, nachdem er in Minsk von Sicherheitskräften zusammengeschlagen wurde. Laut offizieller Version soll er betrunken gewesen sein. Borisewitsch hatte unter Berufung auf medizinische Gutachten geschrieben, dass Bondarenko nüchtern gewesen sei. Im März wurde sie wegen Verstoßes gegen das Arztgeheimnis zu sechs Monaten Strafkolonie und einer Geldstrafe von umgerechnet knapp 950 Euro verurteilt. Am Mittwochmorgen kam sie frei. Derzeit sitzen 15 Me­di­en­ver­trete­r*in­nen in Haft.

Barbara Oertel