Die Würze der Zukunft

In der Zukunft, wie „Dune“ sie erzählt, scheint die Ökologie von linkem Denken befreit. Sehenswert ist der Film von Denis Villeneuve dennoch

Planet in der Klimakrise: Auf Arrakis gibt es Probleme Foto: Warner

Von Tim Caspar Boehme

Als der Science-Fiction-Film „Dune“ auf den Filmfestspielen von Venedig Premiere feierte, hielten sich Euphorie und Skepsis vorab ein bisschen die Waage. Hat der Stoff, der gleichnamige Romanzyklus des US-amerikanischen Schriftsteller Frank Herbert, doch eine nicht eben glückliche Adaptionsgeschichte.

Mehrere Regisseure, darunter Stanley Kubrick und Alejandro Jodorowsky, scheiterten am Versuch, ihn zu verfilmen, David Lynch gelang 1984 die erste Leinwandfassung. Die bei allen sympathischen psychedelischen Einschlägen, mit derer Lynch die Geschichte, genauer, deren ersten Teil, versah, eher verhalten aufgenommen wurde. Jetzt folgt der kanadische Regisseur Denis Villeneuve mit seiner Neuverfilmung. Und wie deren Ende verspricht, sollen weitere Teile folgen.

Bei dem bisher erfolgreichsten Science-Fiction-Roman aller Zeiten dürfte anhaltendes Interesse zu erwarten sein. Was auch mit dem großen Thema dieser Erzählung zu tun haben könnte. Neben Religion und Politik ist vor allem Ökologie eine Frage, um die das Geschehen auf dem Planeten Arrakis, dem Hauptort der Handlung, kreist.

Arrakis, der Wüstenplanet, ist bei Villeneuve als sorgsam verstaubte Sandödnis ins Bild gesetzt. Assoziationen zur Klimakrise auf der Erde sind vermutlich vom Regisseur erwünscht. Und in der Zukunft hat sich im Hinblick auf die Ökologie im interplanetaren Maßstab nicht allzu viel geändert. So ist zumindest Arrakis für die Herrscher anderer Planeten – in dieser Zukunft haben Adelshäuser die Demokratien abgelöst – vornehmlich eine gigantische Rohstoffressource. Im Sand gibt es das „Spice“, zu Deutsch Gewürz, einen Stoff, der unter anderem für die interplanetare Raumfahrt genutzt wird, mithin ein umkämpftes Gut.

Andererseits gibt es auf Arrakis die „Fremen“. Diese Menschen mit blauen Augen, die sich im Film ethnisch unterscheiden von den vorwiegend weißen Adelshäusern, die als Imperatoren den Abbau von Spice beaufsichtigen, leben zurückgezogen unter der Oberfläche des Planeten. Und wie Villeneuve andeutet, sind sie sehr geschickt im Haushalten und Recycling von Ressourcen. Selbst die eigenen Körperflüssigkeiten und Ausscheidungen verstehen sie effektiv aufzubereiten. Demokratisch verfasst sind auch sie nicht, stattdessen warten sie auf eine Art Messias, smart-charmant gegeben von Timothée Chalamet in der Rolle des Paul Atreides.

In der Zukunft, von der „Dune“ erzählt, sind Fragen wie der Klimaschutz mithin gründlich „vom linken Denken befreit“. Das passt zu der wuchtigen, an „Star Wars“ angelehnten Ästhetik, die Villeneuve wählt, mit riesenhaften Wüstenförderanlagen und monolithisch flächigen Raumschiffen, die meisten Szenen unterlegt mit den repetitiven synthetischen Orchesterklängen von Hans Zimmer, die in erster Linie überwältigen wollen.

Wie schon in seinem grandiosen Science-Fiction-Film „Arrival“ versteht sich Villeneuve andererseits auf liebevoll ausgestaltete Welten, am schönsten vielleicht die Ornithopter, Hubschraubern ähnliche Fluggeräte, deren Tragflächen sich wie Flügel ausklappen lassen und die dann im Flatterflug für Auftrieb sorgen. In technischer Hinsicht scheint diese Zukunft jedenfalls gar nicht mal unattraktiv. Das mit der Demokratie bleibt ein zu rettendes Projekt.

„Dune“. Regie: Denis Villeneuve. Mit Timothée Chalamet, Rebecca Ferguson u. a., USA 2021, 155 Min.