Susanne Messmer sieht sich besorgt im staubigen Garten um
: Es ist schon wieder viel zu trocken

Gerade noch war ich damit beschäftigt, bei unserer 13-jährigen Tochter und unserem 8-jährigen Sohn durchzuboxen, dass sie weiterhin Maske in der Schule tragen, und dass ausreichend Strickjacken im Schrank zu finden sind, um das Homeoffice ohne Heizung zu überleben, und nebenbei noch Sonnenblumenöl und Weizenmehl zu ergattern. Und nun kommt auch schon wieder die über den Winter verdrängte Sorge um den Garten hinzu, den mein Mann, die Kinder und ich seit dem Dürrejahr 2018 vor den Toren Berlins bespielen dürfen.

Denn schon der März ist mit genau einem leicht vernieselten Tag in und um Berlin als vierttrockenster Monat seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1908 in die Geschichte eingegangen. Der April schaffte immerhin fast 29 Liter pro Quadratmeter, wobei das mit dem Regen bei uns auch bereits wieder drei Wochen her ist. Nach dem Graben und Jäten waschen wir uns den grauen Staub aus den Nasenlöchern. Beim Wässern der neuen Pflanzen ruinieren wir uns mit schweren Gießkannen den Rücken; statt Trinkwasser nutzen wir das Regenwasser aus den sechs Tanks, die wir aufgestellt haben. Ein bisschen Wasser ist ja doch runtergekommen.

Von Steppen-Wolfsmilch bis Knollen-Brandkraut kaufen wir nur noch Pflanzen, die als extreme Tro­cken­künst­le­r*in­nen bekannt sind. Wir ersetzen peu à peu die Tannen und die Thujahecken gegen Judasbaum, Holunder und Kornelkirsche, und der angeblich widerstandsfähige Fußballrasen, der bei uns im Sommer noch nie richtig grün war, wird wohl demnächst einem Trockenrasen aus Gräsern und Wildblumen weichen. Der hält Hitze besser aus und blüht noch dazu für Insekten.

Ob auf den trockenen Frühling wieder ein trockener Sommer folgt, ist ungewiss. „Wenn ich das wüsste, würde ich Lotto spielen“, sagt auch Heidrun Böttcher vom Deutschen Wetterdienst im regionalen Klimabüro Potsdam zur taz. Wir fragen uns trotzdem gerade mal wieder, wie lange wir das noch aushalten.w Wir bekommen Durst, wenn wir in unserem durstigen Garten Radieschen säen. Brandenburg ist ohnehin Wüste und schon jetzt das trockenste Bundesland, man liest und hört täglich, dass die Bauern genauso unter Stress stehen wie die Bäume, es herrscht schon wieder Waldbrandgefahr.

Auf meinem Laptop liegt eine Karte, die Zürcher Wis­sen­schaft­le­r*in­nen 2019 entwickelt haben. Dieser zufolge wird es in und um Berlin 2050 so heiß und so trocken wie in Canberra sein, der Hauptstadt Australiens. In Hessen, wo mein Mann und ich aufgewachsen sind, wird es etwas kühler und saftiger bleiben. Noch besser wäre vielleicht Südengland, wo es sich 2050 ungefähr so anfühlen wird wie heute in Barcelona. Oder vielleicht Südschweden, wo das Klima dem heutigen von Budapest ähneln wird.

Unsere Auswanderungspläne nehmen Gestalt an.