Weniger als zuvor, aber mehr als gedacht

Klimastreik von Fridays for Future in schwierigen Zeiten: Zehntausende demonstrieren in Deutschland und anderswo, Greta Thunberg protestiert fast allein

Mutter Erde braucht Hilfe, findet diese Protestierende in München Foto: Fo­to:d­pa

Mit deutlich weniger Zulauf als zuvor haben am Freitag die globalen Klimastreiks von Fridays for Future stattgefunden. Immerhin kamen zum Teil mehr Protestierende als befürchtet, um für eine nachhaltigere Klimapolitik zu protestieren. In Berlin hatten die Veranstalter nur 8.000 Klimastreikende angemeldet. Am Nachmittag sprachen die Fridays aber von 36.000, die vor dem Bundeswirtschaftsministerium zusammengekommen waren. Die Polizei zählte 22.000. Und die schlugen laut Alarm. „100 Milliarden für internationale Ausgleichszahlungen, für unsere Generation und für alle, die nach uns kommen“, forderte FFF-Sprecherin Maya Winkler. Investiert werden solle das Geld etwa in eine „Energiewende im Rekordtempo“ und in ein „1-Euro-Ticket“.

Trotz eines Rekordsommers mit Waldbränden, Dürre und leeren Flussbetten hat es die Klimabewegung derzeit schwer, Menschen für ihre Ziele zu begeistern. Im September 2019 hatten noch 1,4 Millionen Menschen bei den Klimastreiks allein in Deutschland mitgemacht. In Berlin waren es damals 250.000. Doch angesichts von Coronapandemie, Ukraine-Krieg, Energiekrise und Inflation hat sich die Stimmung gedreht. Das spürte auch Fridays-Initiatorin Greta Thunberg. Sie verbreitete am Freitagmorgen per Twitter ein Foto von sich und acht weiteren Protestierenden vor dem Stockholmer Parlament. Es war nüchtern mit „Schulstreik Woche 214“ betitelt.

Auch in vielen der anderen gut 250 Protestorten in Deutschland war der Zulauf nicht so groß wie zu früheren Zeiten. In Hamburg hatten die Organisatoren 20.000 Menschen erwartet. Auf Transparenten und Plakaten forderten sie „1,5 Grad für’s Klima“ und „Maut auf Flugmeilen“. Auf der Bühne wurde die Bundesregierung attackiert: Vor allem ging es gegen FDP-Finanzminister Christian Lindner und seine Aussagen zur angeblichen „Gratismentalität“ wegen des 9-Euro-Tickets.

„Es gibt keinen Planeten B“ und „Wir fordern eine Klimawahl“ lauteten die Botschaften der Protestierenden vor dem dänischen Parlament in Kopenhagen. 20 Schulen hatten sich hier an dem Protest beteiligt. Angesichts der bevorstehenden Parlamentswahlen forderten die Jugendlichen ein „grünes Votum“ und eine Politik, die sich stärker auf die Klimakrise konzentriert. Es gab eine Schweigeminute zum Gedenken an alle, die unter der Klimakrise leiden – und eine Minute Lärm, um die Politiker auf den Klimaprotest aufmerksam zu machen.

„Es macht null Sinn, das russische Gas durch Gas anderer Herkunft zu ersetzen“, beschwerte sich Pablo Sallabera, Sprecher von Jugend für das Klima, dem spanischen Fridays-Ableger in Madrid. Das würde nicht dem Klima helfen und nur die großen Energieversorger begünstigen. Statt des von Deutschland und Spanien unterstützten Baus der Gaspipeline MidCat über die Pyrenäen – von Katalonien nach Südfrankreich – fordern die spanischen Klimaschützer einen „schnellen Ausbau der Selbstversorgung, Energiegemeinschaften und Energiesparen mit sozialen Regeln“. In Spanien fanden Aktionen in über 20 Städten statt.

Enno Schönigh, Ben Reddig, Anna Gudmann Hansen, Reiner Wandler