Habecks Neuer kommt aus der Finanzwelt

Der weithin unbekannte Philipp Nimmermann soll neuer Klimastaatssekretär im Wirtschaftsministerium werden. Er und der grüne Minister kennen sich bereits

Soll sich ums Klima kümmern: Philipp Nimmermann aus Hessen Foto: Markus Scholz/dpa

Von Bernward Janzing

Nur wenige Tage nach der Entlassung seines wichtigen Staatssekretärs Patrick Graichen hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck am Montag einen Nachfolger verkündet: Der Finanzexperte Philipp Nimmermann aus Hessen soll diesen Posten, der für die Umsetzung der klimapolitischen Vorhaben der Ampel als Schlüsselposition gilt, übernehmen. „Er ist ein erfahrener Verwaltungschef, seit vielen Jahren Staatssekretär, ein Kenner von Energiemärkten und ein guter Ökonom“, begründete der grüne Minister seine Entscheidung. Der Neue soll seine Arbeit „sehr zeitnah“ aufnehmen.

Die Nachfolge war nötig geworden, nachdem Habeck seinen bisherigen Staatssekretär Graichen in den einstweiligen Ruhestand versetzt hatte. Grund waren nicht sauber getrennte Verbindungen zwischen Beruflichem und Privatem. So sollte etwa Graichens Trauzeuge den Chefposten bei der staatseigenen Deutschen Energie-Agentur Dena übernehmen – eine Entscheidung, die nach Auffliegen der Verflechtung rückgängig gemacht wurde.

Dass Nimmermann nun Graichens Posten übernimmt, sorgte am Montag in Politik und Wirtschaft für Überraschung. So ist der 57-Jährige der breiten Öffentlichkeit bislang nicht bekannt, weshalb sein Name auch in der Nachfolgedebatte nicht fiel. Doch gerade das dürfte in der aufgeheizten Stimmung rund um Habecks Wärmewende der Pluspunkt Nimmermanns gewesen sein. Immerhin waren im Zuge der sogenannten Trauzeugenaffäre zunehmend die engen Verflechtungen zwischen Ministerium und dem Thinktank Agora Energiewende kritisiert worden.

Entsprechend dürfte der Minister explizit nach einer Person gesucht haben, die in der Energiewirtschaft bisher nicht als Strippenzieher aufgefallen ist. Vermutlich galten einige der zuletzt diskutierten Kandidaten wie der Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, wegen ihrer Nähe zum Netzwerk der Agora längst ebenfalls als heikel.

Der neue Staatssekretär ist dahingehend unverdächtig, er kommt aus einer ganz anderen Ecke, nämlich der Finanzwelt. Er promovierte über Doppelbesteuerungsabkommen und stieg bei der BHF-Bank bis zum Chefvolkswirt auf. Anders als sein Vorgänger ist er in der Energieszene deswegen kaum verwurzelt.

Während der Nachfolger für den entlassenen Patrick Graichen feststeht, reißt die Kritik an Robert Habecks Staatssekretär Udo Philipp wegen dessen Umgang mit Unternehmensbeteiligungen nicht ab. „Der grüne Selbstbedienungsladen im Wirtschaftsministerium muss endlich geschlossen werden“, sagte CSU-Generalsekretär Martin Huber am Montag gegenüber der Bild-Zeitung. Er forderte vom grünen Minister Transparenz und Aufklärung. Laut Business Insider war Philipp an der Berufung eines Beraters beteiligt, in dessen Fonds er zuvor Geld investiert hatte. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz bestätigte inzwischen, dass er an der Berufung des Beirats „Junge Digitale Wirtschaft“ beteiligt gewesen sei und bei mehreren Fonds investiert habe, was erlaubt sei. Kritik kam auch vom Koalitionspartner FDP. „Die endlosen Personaldebatten im Bundeswirtschaftsministerium hindern uns daran, eine ruhige und sachliche Debatte über das neue Heizungsgesetz zu führen“, sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der Fraktion, Reinhard Houben. Habecks Ministerium wies Vorwürfe, dass Philipp Compliance-Regeln gebrochen habe, zurück. An diesem Mittwoch will sich auch der Wirtschaftsausschuss des Bundestags in seiner Sitzung mit dem Fall befassen. (taz, dpa)

Von Oktober 2014 bis Januar 2019 war Nimmermann Staatssekretär im Finanzministerium von Schleswig-Holstein. Habeck kennt ihn aus dieser Zeit, weil er selbst damals stellvertretender Ministerpräsident im Norden war. Zuletzt war Nimmermann unter dem Grünen Tarek al-Wazir Staatssekretär im Wirtschafts- und Energieministerium von Hessen.

Der Neue gilt als ein gelassener Pragmatiker. Habeck sagte nach Bekanntgabe der Personalie, der Finanzexperte habe „mehrfach bewiesen, dass er hochkomplexe Aufgaben stringent strukturieren kann“. Zugleich könne er sich mit seinem ökonomischen Verstand schnell in Themen einarbeiten. Seine erste Aufgabe im neuen Amt dürfte indes vor allem eine sein: wieder Ruhe ins Ministerium zu bringen.