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Die Geschichte der „deutschen Schrift“ ist kompliziert

Die Behauptung: Fraktur ist eine Nazischrift.

Richtig ist:

Seit ein bekanntes deutsches Magazin auf seinem Cover abbildete und in der Schlagzeile das Wort „Hass“ in Fraktur setzte, wird einmal mehr über die „deutsche Schrift“ gesprochen, über die viele Mythen kursieren. Jan Böhmermann etwa glaubte vor ein paar Jahren zu wissen, das rote Logo deutscher Apotheken zeige ein in Fraktur gesetztes A. Die Fraktur hielt er für eine „alte Nazischrift“. Weder das eine noch das andere stimmt: Das Apotheken-A ist keine Frakturtype. Die Fraktur wiederum ist fünfhundert Jahre alt und war in den 1930ern noch weit verbreitet. Für ihre Propaganda nutzten die Nazis in der Tat die Frakturschrift, etwa auf Werbeplakaten für Hitlers „Mein Kampf“. Die Werbung für den Bestseller („Auflage 4 Millionen“) suggerierte, es sei „Das Buch der Deutschen“. Sowohl die PR-Botschaft als auch der Name des Autors und der Titel des Buchs waren in Fraktur gesetzt. Das galt auch einige Jahre für den Titelschriftzug des Völkischen Beobachters. Dessen Artikel wurden erst 1941 von Fraktur auf Antiqua umgestellt. Das war das Jahr, in dem die Nazis die lateinische Schrift zur „Normalschrift“ erklärten. Das Schrifttum des neuen deutschen Imperiums sollte zugänglich sein. Hitler war ohnehin gegen die Fraktur und präsentierte sich als strammer Faschist: „Eure vermeintliche gotische Verinnerlichung passt schlecht in das Zeitalter von Stahl und Eisen, Glas, Beton.“ In der globalen Popkultur (Motörhead etc.) und auch bei Neo-Nazis erfreut sich die Fraktur schon lange wieder großer Beliebtheit. Ulrich Gutmair