Alles klar für Extremwetter

Der Bund will Länder und Kommunen per Gesetz zu mehr Vorsorge für den Klimawandel verpflichten. Das Ziel: Schäden vor Ort abmildern. Das Problem: Noch fehlt das Geld

So sieht es aus, wenn nichts passiert: Überflutete Straße nach Starkregen in Berlin Foto: Karsten Thielker

Von Kai Schöneberg

Ob durch dürreresistente Bäume und Büsche, begrünte Fassaden und Dächer, Regeln für die Wasserentnahme, mehr Brunnen oder mehr Schatten: Damit Städte, Landkreise und Gemeinden ihr Handeln mit solchen Maßnahmen an die Folgen des Klimawandels anpassen, hat das Bundeskabinett am Donnerstag den Entwurf für ein bundesweites Klimaanpassungsgesetz beschlossen.

Laut Studien könnten sich die Schäden durch die Erderhitzung je nach deren Ausmaß allein für Deutschland bis zur Mitte des Jahrhunderts auf bis zu 900 Milliarden Euro summieren. Heute gebe es bereits enorme Auswirkungen durch den Klimawandel, sagte Umweltministerin Steffi Lemke. Vor genau zwei Jahren, in der Nacht vom 14. zum 15. Juli 2021, starben über 180 Menschen bei den Überschwemmungen im Ahrtal. „Hitze und Dürre, Starkregen und Hochwasser – Wetterextreme werden in Zukunft häufiger und zwingen uns zur Vorsorge und Anpassung an die Folgen der Klimakrise“, betonte die Grünen-Politikerin. Deshalb brauche es einen verbindlichen Rahmen, der die Klimavorsorge von Bund, Länder und Kommunen abstimmt. Ziel: Klimaschäden vor Ort abmildern.

Das Gesetz soll Länder und Kommunen verpflichten, lokale Risikoanalysen und Anpassungspläne zu erstellen und umzusetzen. Der Bund verpflichtet sich außerdem, eine Vorsorgestrategie mit messbaren Zielen bis Ende 2024 zu beschließen. Zudem ist vorgesehen, regelmäßig Schadensdaten nach Wetterextremen zu erheben. Auch die Ausgaben des Bunds für die Klimaanpassung sollen analysiert werden.

Beim Geld liegt der Knackpunkt. Lemkes Gesetzentwurf kassierte zwar insgesamt Lob von vielen Seiten. Gleichzeitig hieß es, Ländern und Kommunen müsse bei der Vorsorge für den Klimawandel finanziell unter die Arme gegriffen werden. Die Anpassung an die Erderhitzung sei eine „Mammutaufgabe für Jahrzehnte“, kommentierte etwa der Deutsche Städtetag und forderte mehr Mittel. „Bund und Länder schätzen den Finanzbedarf für Klimaanpassungsmaßnahmen in Ländern und Kommunen bis 2030 auf insgesamt 55 Milliarden Euro und den Personalbedarf für die Umsetzung auf 16.200 Stellen“, sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy. Derzeit sei es „unmöglich, diese nötigen Maßnahmen flächendeckend umzusetzen“. Und auch inhaltlich ging der Städtetag Lemkes Pläne an: „Schade ist es, dass das Klimaanpassungsgesetz die Minimierung von Versiegelung nicht konkret in den Blick nimmt“, erklärte Dedy. Es gehe aber „darum, möglichst viele Böden zu erhalten, in denen Wasser versickern kann“.

Um mehr Geld des Bunds – so dass „die kommunale Wasserwirtschaft auf Fördermittel für die Bewältigung dieser Aufgabe zugreifen kann“ – ging es auch dem Verband kommunaler Unternehmen, der bundesweit über 1.500 Stadtwerke vertritt. „Nur so können steigende Entgelte für die Bürgerinnen und Bürger durch die notwendigen zusätzlichen Investitionen abgefedert werden“, hieß es. Landkreistagspräsident Reinhard Sager forderte „eine „Finanzierungszusage der Länder, denn dies darf nicht an den Kommunen hängen bleiben“. Es sei „unbedingt notwendig“, dass die Finanzierung der neuen Klimaaufgabe gewährleistet sei.

Tatsächlich ist noch vage, wer wie für die Anpassung an die Extremwetter zahlen soll. Laut Umweltministerium müssten Bund und Länder eine langfristige Finanzierung noch diskutieren. Lemkes Gesetzentwurf wird nun an Bundestag und Bundesrat übermittelt. Das Gesetz soll 2024 in Kraft treten.

„Anpassung ist eine Mammutaufgabe für Jahrzehnte“

Helmut Dedy, Deutscher Städtetag

(mit Agenturen)

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