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Ja, das ist die Klimakrise

In vielen Regionen war es zuletzt extrem heiß. Ohne menschlich verursachte Treibhausgase wäre das kaum möglich gewesen

Menschen haben das Wetter extrem gemacht – zum Beispiel durchs Fliegen Foto: Matt York/ap

Von Susanne Schwarz

Die extreme Hitze im Juli war weitgehend selbst verschuldet: Der Klimawandel hat sie viel wahrscheinlicher gemacht, zeigt eine Studie der Forschungsinitiative World Weather Attribution. Kli­ma­wis­sen­schaft­le­r:in­nen haben darin das Wetter in Südeuropa, Nordamerika und China untersucht. In vielen Regionen kletterten die Temperaturen über 45 Grad Celsius, also in absolut gefährliche Sphären für den menschlichen Körper.

Das Ergebnis war besonders für die jeweils heißesten Phasen in Südeuropa und Nordamerika prägnant. Diese wären ohne die menschlichen Treib­haus­gas-­Emis­sionen „praktisch unmöglich“ gewesen, schreiben die Forscher:innen. In China hat der Klimawandel die Hitze 50-mal wahrscheinlicher gemacht.

So außergewöhnlich die Temperaturen erschienen sein mögen – ab jetzt seien solche Hitzewellen nicht mehr selten, warnen die Studienautor:innen. Schließlich ist die Menschheit weit davon entfernt, die Unmengen an Treibhausgas in der Atmosphäre wieder abzubauen. Im Gegenteil: Bislang steigen die Emissionen im weltweiten Schnitt weiter.

In Nordamerika sind Hitzewellen wie in diesem Juli laut der Studie derzeit ungefähr alle 15 Jahre zu erwarten, in Südeuropa alle 10 Jahre, in China sogar alle 5 Jahre. Je nachdem, wie lange die Welt noch braucht, um ihre Treibhausgase in den Griff zu bekommen, könnte sich das noch deutlich verschärfen.

Alle 2 bis 5 Jahre kämen solche extremen Hitzephasen in den drei Regionen laut Studie auf einer um durchschnittlich 2 Grad erhitzten Erde vor. Aktuell ist die Erde durchschnittlich etwa 1,2 Grad heißer als zu vorindustriellen Zeiten.

Lange galt es als schwierig, solche konkreten Aussagen über einzelne Wetterereignisse zu treffen. Wetter schwankt eben. Es gab schon immer ab und an Hitzewellen und es wird künftig noch manchmal ungewöhnlich kalt sein – auch wenn seit vielen Jahrzehnten zweifelsfrei klar ist, dass Ersteres durch den Klimawandel statistisch gesehen viel häufiger und Letzteres seltener wird.

Um auch Einzelfälle bewerten zu können, haben Kli­ma­for­sche­r:in­nen sogenannte Attributionsstudien entwickelt. In denen untersuchen sie das fragliche Wetterereignis bis in seine meteorologischen Details und prüfen mithilfe von Klimamodellen, wie wahrscheinlich deren Auftreten war.

Dann simulieren sie in den Modellen eine Realität ohne menschliche Treibhausgase, ohne 1,2 Grad Erderwärmung. Tritt das Wetterereignis dort mit geringerer Wahrscheinlichkeit oder praktisch gar nicht auf, kann man den Unterschied auf den Klimawandel zurückführen – so wie im Falle der aktuellen Hitzewellen auf der Nordhalbkugel.

World Weather Attribution hat mittlerweile zahlreiche dieser Studien durchgeführt. Das Besondere an der Herangehensweise der Initiative: Sie veröffentlicht die Studien selbst statt in Fachmagazinen, um die Öffentlichkeit möglichst schnell über die Ergebnisse zu informieren. Das heißt allerdings auch, dass die Studien nicht durch die üblichen Prüfverfahren von unbeteiligten Fach­kol­le­g:in­nen gehen. Es werden allerdings nur Methoden genutzt, die diese Prüfverfahren sehr wohl durchlaufen haben.

„Das Ergebnis dieser Attributionsstudie ist nicht überraschend“, sagt Klimaforscherin Friederike Otto vom Imperial College London, Mitgründerin von World Weater Attribution und Co-Autorin der aktuellen Studie. „Die Welt hat nicht aufgehört, fossile Energieträger zu verbrennen, das Klima heizt sich weiter auf und Hitzewellen werden extremer. So einfach ist das.“

Otto appelliert an die Regierungen, die Emissionen drastisch zu senken, aber auch die Anpassung an die Hitze anzugehen. „Wir haben noch Zeit, eine sichere und gesunde Zukunft zu sichern, aber wir müssen dringend aufhören, fossile Energie zu verbrennen, außerdem müssen wir in eine verringerte Vulnerabilität investieren“, sagt sie. „Wenn wir das nicht tun, werden jedes Jahr Zehntausende Menschen an hitzebezogenen Ursachen sterben.“

Hitze ist auch jetzt schon eine häufige Todesursache. In Europa sind im vergangenen Jahr zum Beispiel rund 60.000 Menschen in Verbindung mit Hitze gestorben, wie Wis­sen­schaft­le­r:in­nen vom Barcelona Institute for Global Health in einer Studie ermittelt haben, die kürzlich im Fachmagazin Nature Medicine erschienen ist. Mehr als 8.000 dieser Fälle sind demnach in Deutschland aufgetreten.

„Sommer – da hat man sich früher mal drauf gefreut. Heute wird mit jeder neuen Hitzewelle klarer, was wir für einen hohen gesundheitlichen Preis zahlen“, kommentierte der Arzt und ehemalige Komiker Eckart von Hirschhausen die Ergebnisse der spanischen Wissenschaftler:innen.

Dringend würden deshalb Hitzeschutzpläne benötigt, mahnte von Hirschhausen an. „Wir haben Städte, Gesundheitseinrichtungen, ja unsere gesamte Infrastruktur gebaut für eine Temperatur-Welt, die es nicht mehr gibt, und die auch so schnell nicht mehr zurückkommt“, so der Arzt, der mittlerweile mit der Stiftung Gesunde Erde – Gesunde Menschen für Klimaschutz eintritt.

Deutschland gehört zu den Ländern, die bislang keinen landesweiten Hitzeschutzplan haben. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat einen solchen aber im Juni angekündigt. Details sind noch unklar.

Als Vorbild beim Hitzeschutz gilt beispielsweise Frankreich. Nach dem Hitzesommer 2003, in dem in Europa schon einmal Zehntausende verfrüht starben, nahm die Regierung sich des Themas an. Es gibt dort ein mehrstufiges Warnsystem mit klaren Handlungsvorgaben für die Behörden. Die Kommunen bieten beispielsweise Hitzeregister an, vor allem für ältere Menschen. Wer darauf steht, wird im Falle von längeren Hitzestrecken regelmäßig angerufen und im Notfall zum Beispiel mit Wasser versorgt.