Nanja Boensich über das abgelehnte StVG
: Warum bremsen die Länder?

Es hätten zumindest mittelgute Nachrichten für die Verkehrswende sein können. Wenn der Bundesrat die Verkehrsreformen am Freitag abgesegnet hätte, wäre für die Kommunen vieles einfacher geworden. Tempo 30 an Spielplätzen, Schulwegen oder fürs Klima einzuführen war bisher zum Beispiel aufwendig, oft nahezu unmöglich. Ein neues Straßenverkehrsgesetz (StVG) und eine neue Straßenverkehrsordnung (StVO) sollten das ändern. Der Verkehrsausschuss im Bundestag hatte lange über die Änderungen verhandelt. Heraus kamen: eine vielversprechende Novelle für das StVG – die rechtliche Grundlage. Und: eine ausbaufähige Neuregelung für die StVO – die Verordnung, die den Kommunen konkrete Handlungsspielräume eröffnet. Es war also Luft nach oben. Einen kleinen Fortschritt aber hätte die Zustimmung des Bundesrats auf jeden Fall bedeutet. Und kleiner Fortschritt ist besser als gar kein Fortschritt. Darüber schienen sich im Vorfeld so gut wie alle einig zu sein: das Bundesverkehrsministerium, die Ausschüsse für Verkehr und Umwelt im Bundesrat, die Kommunen, die Öko-Verbände. Dass in der Länderkammer trotzdem keine Mehrheit erzielt werden konnte, ist daher völlig unverständlich.

Zunächst hieß es, vor allem die Unions-geführten Landesregierungen hätten Stimmung gegen das Gesetz gemacht. Stand jetzt ist klar, dass sich auch Grün- und SPD-geführte Länder enthalten haben. Warum sie sich weder auf die Seite der Bundesregierung noch der Kommunen stellen, ist nicht nachvollziehbar. Zudem haben sich die kritischen Länder argumentatorisch auf Glatteis begeben: Die Verkehrssicherheit leide, wenn in den Reformen Klima- und Umweltschutz größer geschrieben werde, so ihr Einwand. Dabei ist schwer vorstellbar, dass ein Radweg oder andere verkehrsberuhigende Maßnahmen, die dem Klima helfen, den Verkehr unsicher machen. Der Bundesrat hat eine Chance für die Verkehrswende vertan. Bleibt zu hoffen, dass er sie im Vermittlungsausschuss nicht wieder verstreichen lässt.

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