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Geld bleibt am Ball

2021 scheiterte der Plan von superreichen Fußballklubs in Europa, eine eigene Liga zu gründen, am Widerstand der Uefa. Nun gibt ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs Investoren neuen Spielraum gegen das Uefa-Monopol. Die Fans verlieren

Maximale Flughöhe: Superstar Jude Bellingham vom superreichen und potenziellen Super-League-Klub Real Madrid erzielte in der spanischen Liga auch am vergangenen Wochenende ein Tor  Foto: Ruben Albarran/Sopa Images/imago

Von Andreas Rüttenauer

D er Fußball ist frei.“ Viel größer hätte die Botschaft der Super League nach dem Urteil der Europäischen Gerichtshofs nicht ausfallen können. In einem Imagefilm, den die Super-League-Macher von der Managementagentur A22 bei einer Pressekonferenz am Donnerstagmittag nach dem Richterspruch abgespielt haben, regnet es Fußbälle auf eine schattige Welt. Am Ende landen sie in einem hell erleuchteten Stadion. „Fußball, von dem du träumst“, heißt es dazu in dem Clip, der sich an die Fans des Spiels in aller Welt richtet. Die Super League will es noch einmal wissen.

2021 hat der Plan für eine Liga der superreichen Klubs für knapp eine Woche Fußball­europa erschüttert. Fußballgroßkonzerne wie Real Madrid, der FC Barcelona, Juventus Turin oder der FC Chelsea waren mit den Plänen an die Öffentlichkeitgegangen, eine eigene Liga zu gründen. Die Super League. Von der Champions League, jenem Elitewettbewerb, der die Europäische Fußballunion Uefa veranstaltet, wollten sie sich verabschieden. Der Dachverband des organisierten Fußballs in Europa untersagte den Klubs damals die Teilnahme. Nun sieht der Super-League-Supermanager und A22-Chef Bernd Reichart den Fußball befreit aus den Fängen der Uefa und schmeißt sich ran an die Fans. „Eine für alle“ lautet das neue Motto des Projekts, das mit einem irren Versprechen verbunden ist. Alle Spiele soll es umsonst auf einer Streamingplattform namens „Unify“ zu sehen geben.

Reichart schwärmt in lupenreinstem PR-Gewäsch von den Möglichkeiten, den „Milliarden Fans der einzigen Sportart, die auf allen Kontinenten der Erde populär ist“, den „besten Fußball der Welt“ zu präsentieren. Er stellte ein Ligasystem für 64 Teams mit drei Spielklassen vor. Auf- und Abstieg soll es geben und die frei werdenden Plätze sollen nach sportlichen Kriterien von den besten der nationalen Ligen neu aufgefüllt werden. A22 will auch eine Super League für die Frauen organisieren. Es war eine Einladung an alle Klubs in Europa, sich dem neuen Projekt anzuschließen. Doch ob die angenommen wird? Die European Club Association, eine Interessenvertretung, der 500 Vereine angehören, steht nach dem Urteil jedenfalls treu zur Uefa.

Anders als Real Madrid, dessen Präsident Florentino Pérez das Urteil des EuGH über den grünen Klee gelobt hat. Jetzt stehe man „in der Verantwortung, dem europäischen Fußball den neuen Schwung zu geben, den er so dringend braucht“, meinte er. Weder er noch Super-League-Mann Reichart sprachen aus, worum es wirklich geht – ums Geschäft, um die Steigerung der Einnahmen. Um die Schaffung eines Produkts, für das man Weltkonzerne, die großen Hedgefonds oder die Staatsunternehmen aus den Ölmonarchien am Golf begeistern kann.

Mehr als die 5 Milliarden Euro, die die Uefa mit ihren Europapokalwettbewerben ab 2024 erlösen möchte, müssten schon zusammenkommen, um den Klubs das Angebot Super League schmackhaft zu machen. Auf das Urteil reagierte die Uefa jedenfalls gelassen. Sie hat sich neue Regeln gegeben, was die Zulassung von neuen Wettbewerben betrifft, und geht davon aus, dass diese vor einem europäischen Gericht standhalten würden. In einer Erklärung zum Urteil bezeichnen sie sich als Wahrer der „Fußballpyramide“, ganz so als ob es wirklich noch möglich wäre, von ganz unten nach ganz oben aufzusteigen. Dabei war es die Uefa selbst, die diese Illusion zerstört hat. Die Prämienausschüttungen an die Champions-League-Teilnehmer haben dem FC Bayern München seine alles beherrschende Stellung erst ermöglicht. 90 Millionen Euro haben die Bayern in der vergangenen Champions-League-Saison von der Uefa kassiert.

Es war also die Uefa, welche die irrwitzigen Summen in den Fußball gebracht hat. Und auch wenn von den Geldern kleine Anteile in einer Art Soliprogramm an Klubs ausgeschüttet werden, die sich nie und nimmer für einen Europapokalwettbewerb qualifizieren können, ist es beinahe schon geschmacklos, wenn sich der Verband als Wahrer des guten alten Fußballs versteht, zu dessen Wesensmerkmalen die Durchlässigkeit nach ganz oben gehörte.

Die Uefa reagierte gelassen. Sie hat sich neue Regeln für die Zulassung von Wettbewerben gegeben

Von solchen Zuständen träumen vor allem diejenigen, die den Fußball am liebsten live im Stadion verfolgen. Bei denen kommt die Umarmung der Super-League-Macher gar nicht gut an. Die Football Supporters Europe, ein Netzwerk organisierter Fanszenen in Europa, hat via Twix verkündet: „Was auch immer als Nächstes kommt, die Super League bleibt ein schlecht durchdachtes Projekt, das die Zukunft des europäischen Fußballs gefährdet.“

Solche Fans sind aber eh nicht gemeint, wenn die Super-League-Macher von A22 vom „Beginn einer neuen Ära“ schwärmen. Junge, netzaffine Leute sollen auf die Plattform gelockt werden. Meta und Spotify dienen dabei als Vorbild, so hat es Reichart gesagt. Es geht um die Daten. Der Fan als Kunde und Opfer.