Dürre für unser Gemüse

Zum Anbau von Lebensmitteln wird immer mehr Wasser aus dem Boden geholt. In vielen Regionen trocknen die Brunnen deswegen immer schneller aus, zeigt eine Studie

In der chinesischen Region Xinjiang breitet sich die Wüste immer weiter aus Foto: ­xivanchan/imago

Von Raoul Spada

In vielen Weltregionen sinkt der Grundwasserspiegel immer schneller. Das zeigt eine Analyse des Wasserstands von über 170.000 Brunnen auf der ganzen Welt, die in der Fachzeitschrift Nature erschienen ist. In mehr als 40 Ländern maßen For­sche­r:in­nen dafür über 40 Jahre hinweg für eine groß angelegte Studie, wie sich unterirdische Wasserspeicher entwickelten. Das Ergebnis: In über 30 Prozent der weltweit verstreuten Aquifere sank der Wasserstand immer schneller. In 13 Prozent der Speicher ging der Wasserstand im Untersuchungszeitraum gleichmäßig ohne zusätzliche Beschleunigung zurück.

Der Rückgang ist auf den Klimawandel und auf landwirtschaftliche Nutzung zurückzuführen. „Eine der wahrscheinlichsten Hauptursachen für den raschen und beschleunigten Rückgang des Grundwassers ist die übermäßige Entnahme von Grundwasser für die Bewässerungslandwirtschaft“, erklärt einer der Autoren, Scott Jasechko, von der University of California. Am stärksten betroffen waren Regionen mit besonders intensiver landwirtschaftlicher Nutzung wie etwa Nordchina, Iran oder der Westen der USA.

Auch in großen Teilen Spaniens sank der Grundwasserspiegel mit zwei Metern pro Jahr mit am schnellsten. In Andalusien kommen für den Anbau von Tomaten, Gurken, Paprika und Erdbeeren auf riesigen Flächen Bewässerungsanlagen zum Einsatz, die Landwirtschaft und Gartenbau dort in größerem Maßstab überhaupt erst ermöglichen. Insbesondere in Jahren, in denen Dürren das Land plagen, wird hier viel Grundwasser hochgepumpt. Wenn es während der Wachstumsperiode im Sommer wie in Spanien durch den Klimawandel verstärkt üblich nicht regnet, werden die unterirdischen Wasserreservoirs zu einem unentbehrlichen Puffer: Diese Sommer können nur ausgeglichen werden, indem Wasser aus dem Boden gepumpt wird.

Auch das weniger trockene Deutschland ist betroffen: „Der Bewässerungsbedarf für Pflanzen in den nächsten Jahren wird sich vervielfachen, ganz besonders in ohnehin schon besonders von Trockenheit betroffenen Gebieten im Osten Deutschlands“, sagt ein Sprecher der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft (DWA) der taz. Auch wenn es durch den Klimawandel auf das Jahr verteilt mehr regne, füllten sich die Wasserspeicher deshalb langsamer auf. Durch die Wiederaufbereitung von Wasser in Kläranlagen ließe sich nur ein Teil des hohen landwirtschaftlichen Bedarfs abdecken.

Trotz des gerade überstandenen Hochwassers sind die Grundwasserstände in Deutschland derzeit vergleichsweise niedrig, zeigt ein Blick auf den Dürremonitor des Helmholtz-Instituts. Gerade in tieferen Bodenschichten ist zuletzt wenig Wasser hinzugekommen. Es ist umstritten, ob sich Hochwasser überhaupt auf die Grundwasserspiegel auswirkt.

Auch wenn das rapide sinkende Grundwasser in einigen Weltregionen alarmierend ist, geben die Au­to­r*in­nen der Nature-Studie einen hoffnungsvollen Ausblick.

In genau der Hälfte der untersuchten Regionen geht es nämlich bergauf: Die Grundwasserstände sinken nicht mehr so schnell, Aquifere füllen sich sogar wieder auf – wenn auch deutlich langsamer als Wasser aus anderen Quellen entnommen wird.

Nordchina, Iran, der Westen der USA: Aufgrund der Landwirtschaft besonders betroffen

Die Erholung der Grundwasserspiegel lässt sich laut der Studie vielerorts auf politische Maßnahmen zurückführen, so beispielsweise im östlichen Saq-Aquifer in Saudi-Arabien oder im Becken von Bangkok. An beiden Orten wurde der Wasserverbrauch durch Gesetze deutlich verringert. In Tucson, Arizona (USA), führte die gesteigerte Aufmerksamkeit nach jahrelanger Trockenheit zu geringeren Entnahmen. Im Abbas-e Shargi-Becken in Iran wurden Wasserreserven einfach aus umliegenden Regionen aufgestockt.

Der Unterschied zwischen steigenden und sinkenden Grundwasserständen ist frappant: Demnach legen steigende Pegel mit durchschnittlich 5­ ­Zentimetern pro Jahr deutlich langsamer zu, als diejenigen, die mit bis zu 20 Zentimetern pro Jahr sinken. Ob dieser Unterschied dramatisch ist, wissen die For­sche­r*in­nen nicht: Unterhalb eines gewissen Wasserspiegels könnten sich Wasserreservoirs nämlich auch ganz von allein wieder auffüllen. Hinzu kommt, dass auch wenn die Zahl der untersuchten Brunnen beachtlich klingt, die Studie nur einen kleinen Teil der Erdoberfläche abdeckt: Nur in einem kleinen Teil der Welt wird nämlich laut der Studie überhaupt Grundwasser in relevanten Mengen entnommen. Die größten Lücken verorten die Au­to­r:in­nen in China, Südostasien, Lateinamerika – und auf fast dem gesamten afrikanischen Kontinent.