Senegal hat doch noch die Wahl

Die Staatskrise nach der annullierten Wahlverschiebung scheint vorbei: Am 24. März wird gewählt, der populärste Oppositionspolitiker Ousmane Sonko und sein Präsidentschaftskandidat sind wieder frei

Von Katrin Gänsler, Cotonou

Präsidentschaftskandidat Bassirou Diomaye Faye ist gemeinsam mit Ousmane Sonko im Wahlkampf. Ihren ersten Auftritt haben die beiden Oppositionspolitiker Senegals am Wochenende in der Cacamance im Süden des Landes absolviert. Dort ist Sonko in der Stadt Ziguinchor auch Bürgermeister. Dementsprechend groß ist die Zahl der Unterstützer:innen. Diomaye wird von ihnen schon als nächster Präsident der Republik gefeiert. Viele geben sich siegessicher und gehen davon aus, dass er die Präsidentschaftswahl am 24. März bereits im ersten Wahlgang gewinnen wird. Insgesamt treten 19 Kan­di­da­t:in­nen an.

Ihr Auftritt ist historisch, hat Symbolkraft und ist erst durch das neue Amnestiegesetz möglich geworden. Sonko und Dio­maye waren bisher Senegals bekannteste Inhaftierte. Sonko wurde 2023 wegen „Verführung der Jugend“ zu einer Gefängnisstrafe verurteilt und war nicht als Kandidat zugelassen. Der Prozess von Diomaye stand noch aus, was seine Kandidatur möglich machte, aber er saß in U-Haft. Schon ihre Freilassung aus dem Gefängnis ist am Donnerstagabend in Senegals Hauptstadt Dakar mit Hupkonzerten, Autokorsos und spontanen Versammlungen gefeiert worden. Ob alle ihre An­hän­ge­r:in­nen tatsächlich am Sonntag auch für Diomaye stimmen, muss sich noch zeigen.

Das Amnestiegesetz hatte Senegals Parlament Anfang März verabschiedet. Offiziell heißt es, dass es der Versöhnung dienen soll. In Senegal ist es in der zweiten Amtszeit von PRäsident Macky Sall – er hätte nur mithilfe einer Verfassungsänderung erneut kandidieren können – immer mehr zu Einschränkungen von Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit gekommen. Bei Protesten im Februar gegen die von Sall geplante Verschiebung der Wahl, die ursprünglich am 25. Februar hätte stattfinden sollen, starben vier Menschen. Das Land gilt als tief gespalten.

Es gibt auch Kritik: Möglicherweise verhindert das Gesetz die Aufarbeitung von Menschenrechtsverletzungen, die beim Niederschlagen politischer Proteste begangen wurden. Mehr als 40 Menschen kamen seit 2021 dabei ums Leben. Vor allem bei Demonstrationen für Sonko wurden vergangenes Jahr zahlreiche Personen verhaftet, ohne Anklage.

Die Freilassung von Sonko und Diomaye wurde in Dakar mit Hupkonzerten und Autokorsos gefeiert

Bassirou Diomaye Faye gilt als „Kandidat für den Systemwechsel“. Er gehörte der von Sonko gegründeten Partei Pastef (Afrikanische Patrioten Senegals für Arbeit, Ethik und Brüderlichkeit) an, die vergangenes Jahr verboten wurde. Zunächst hatte es überrascht, dass sich Sonko so deutlich hinter ihn gestellt hat. Bei einer Wahl Diomayes könnte aber Sonko möglicherweise Premierminister werden und damit ein einflussreiches Amt erhalten.

Deutlich abgegrenzt hat sich dieses politische Lager in den vergangenen Jahren von Salls Regierung. Kritik richtet sich auch gegen die einstige Kolo­nial­macht Frankreich, aber auch gegen Wirtschaftsabkommen mit Europa. Regelmäßig thematisiert wird die gemeinsame Währung der ehemaligen französischen Afrikakolonien, der an den Euro gekoppelte CFA-Franc, der als neokolonial gilt. Stattdessen fordern Sonko und Diomaye einen Rückbesinnung auf den Panafrikanismus.

Ihre Freilassung wird in Senegal von einigen Be­ob­ach­te­r:in­nen auch als ein Eingeständnis von Sall gewertet, dass seine Regierungskoalition Benno Bokk Yakaar die Wahl nicht mehr gewinnen kann. Weder ihrem Kandidaten, dem bisherigen Premierminister Amadou Ba, noch den übrigen 17 Be­wer­be­r:in­nen ist es in der vergangenen Woche gelungen, so viele Menschen zu mobilisieren. Erreicht im ersten Wahlgang niemand die absolute Mehrheit, gibt es eine Stichwahl.