Kürzungen bei NGOs: Ohne Rückgrat
Die Bundesregierung kürzt die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit. Gleichzeitig setzt sie auf Kriegstüchtigkeit – ein fatales Signal.

W enn man sich die Entscheidung der Bundesregierung, 400 Millionen Euro bei der Entwicklungszusammenarbeit zu kürzen, anschaut, kann man das im ersten Moment nur für einen schlechten Scherz halten. Angesichts der schieren Anzahl an humanitären Krisen und eines eventuellen Genozids in Gaza jetzt zum vierten Mal in Folge die Gelder für die so wichtige Arbeit von NGOs zu streichen, ist wenig einleuchtend.
Wenn man sich die Bundestagsdebatte vom 9. Juli anschaut, bei der dieses Vorhaben diskutiert wurde, kann man sich fragen, wie sehr Problemanalyse und Lösungsansatz auseinanderklaffen können. SPD-Bundesentwicklungsministerin Reem Radovan betont selbst, dass die Krisen vor deutschen Grenzen nicht haltmachen, und macht auf die katastrophale Lage in Sudan aufmerksam.
Wer jetzt von ihr mehr Rückgrat gegenüber ihrem Parteifreund und Finanzminister Lars Klingbeil erwartet, indem sie etwa mehr Geld fordert, wird enttäuscht sein. Stattdessen ist sie sich mit ihm darüber einig, dass es darum geht, zu schauen, „wo man sich zurückziehen kann, um Kräfte zu bündeln“. Also nur Floskeln für ein „Es wird weniger Geld geben und damit müssen jetzt alle klarkommen“.

Die taz ist eine unabhängige, linke und meinungsstarke Tageszeitung. In unseren Kommentaren, Essays und Debattentexten streiten wir seit der Gründung der taz im Jahr 1979. Oft können und wollen wir uns nicht auf eine Meinung einigen. Deshalb finden sich hier teils komplett gegenläufige Positionen – allesamt Teil des sehr breiten, linken Meinungsspektrums.
Es scheint so, als wäre die Bundesregierung dem Irrglauben aufgesessen, in Fragen der Außenpolitik mehr auf militärische Investitionen zu setzen als auf humanitäre Hilfen. Und wie die – auch deutsche – Erfahrung zeigt, wird die Zahl der Geflüchteten, Toten und auf Hilfe angewiesenen Menschen durch militärische Einsätze nicht weniger, sondern mehr. Und was sich auch noch vermehrt, sind die Gewinne der hiesigen Rüstungsindustrie.
Was die Bundesregierung also mit diesen Kürzungsplänen ausdrückt, ist: Deutschland rüstet auf, um kriegstüchtig zu werden, und streicht zugleich Gelder für die Organisationen, die mit den Folgen von Kriegen beschäftigt sind. Und schottet sich mit einer regressiven und teils rechtswidrigen Migrationspolitik von den Konsequenzen der eigenen Politik ab.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Jan van Aken
„Keine Solidarität mit Hungermördern“
Zahlen der Jobcenter
Keine Belege für eine große Bürgergeld-Mafia
Schluss machen mit Spotify
Es ist aus
Wirtschaftsministerin Katherina Reiche
Im Klassenkampfmodus
Jeanswerbung mit Sydney Sweeney
White Supremacy Sells
Zugunglück und Starkregen
Das neue Normal