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UnterhaltsvorschussStaat zahlte 3,2 Milliarden Euro

Mehrere Milliarden Euro haben Bund und Länder 2024 ausgegeben, um Alleinerziehende zu unterstützen. Die Koalition will gegen die Ausfälle vorgehen.

Behörden können sich nur wenig von den eigentlich unterhaltspflichtigen Elternteilen – davon gut 90 Prozent Väter – zurückholen Foto: Janine Schmitz/photothek/imago

Berlin taz | Bund und Länder haben im vergangenen Jahr rund 3,2 Milliarden Euro Unterhaltsvorschuss an alleinerziehende Elternteile gezahlt. Im Vergleich zu 2023 wuchs der ausgezahlte Betrag um 551 Millionen Euro, wie zunächst die Zeitungen der Funke Mediengruppe meldeten und wie das Bundesfamilienministerium der taz bestätigte.

Wie das Bürgergeld sei auch der Unterhaltsvorschuss ab Januar 2024 deutlich gestiegen, um die erwartete Inflation auszugleichen und dadurch das Existenzminimum der Kinder zu sichern, die Unterhaltsvorschuss beziehen, so ein Sprecher des Ministeriums zur taz. Daneben beruhe der Anstieg der Ausgaben zu einem kleineren Teil auch auf der gestiegenen Zahl der leistungsberechtigten Kinder im Vergleich zum Vorjahr.

Allerdings konnten sich die Behörden nur wenig Geld von den eigentlich unterhaltspflichtigen Elternteilen – davon gut 90 Prozent Väter – zurückholen. Die sogenannte Rückgriffsquote habe 2024 bei 17 Prozent gelegen, also bei 545 Millionen Euro, so das Ministerium. Damit sei die Quote gegenüber den Vorjahren leicht gesunken, liege aber im Schnitt der Jahre seit 2018.

Die Kosten trägt zu 40 Prozent der Bund

Alleinerziehende Elternteile können Geld vom Staat beantragen, wenn der andere Elternteil nicht oder nicht regelmäßig Unterhalt zahlt. Der Staat kann sich das Geld von den säumigen Elternteilen zurückholen, was in der Praxis nur in der Minderheit der Fälle gelingt. Die Kosten für den Vorschuss trägt zu 40 Prozent der Bund.

Auf die Frage, warum die Rückgriffsquote so gering sei, antwortete ein Sprecher des Ministeriums: Es sei davon auszugehen, „dass die gezahlten Leistungen überwiegend Ausfall-Leistungen sind“. Der größere Teil der Leistungen gehe an Kinder, deren unterhaltspflichtige Elternteile nicht genug verdienen, um ausreichend Unterhalt zu zahlen. Oft seien die Elternteile auch gegenüber mehreren Kindern unterhaltspflichtig.

Union und SPD hatten sich im Koalitionsvertrag darauf verständigt, künftig mehr Druck auf unterhaltspflichtige Elternteile zu machen, die nicht zahlen. Geplant sind unter anderem schärfere Sanktionen, etwa der Führerscheinentzug. „Wir fordern, den Unterhaltsvorschuss zu erhöhen“, sagte Daniela Jaspers, Vorsitzende des Verbands Alleinerziehender Mütter und Väter, der taz. Das wäre teilweise schon gegeben, wenn das Kindergeld nicht mehr voll auf den Unterhaltsvorschuss angerechnet würde, wie ebenfalls im Koalitionsvertrag festgehalten ist. Auch mehr Druck auf säumige Zahlende befürworte der Verband.

Der Unterhaltsvorschuss ist ein Rechtsanspruch des Kindes, der in seinem Auftrag eingefordert wird. Die Höhe der monatlichen Zahlungen richtet sich aber auch nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Unterhaltspflichtigen.

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5 Kommentare

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  • Das Problem ist seit langer Zeit bekannt. Vielleicht sollte man genau den Ämtern, die dafür zuständig sind, den Unterhaltsvorschuss von den Zahlungspflichtigen einzutreiben, erklären, dass sie etwas effektiver arbeiten müssen. Dass die meisten angeblich nicht zahlen können, halte ich für eine Ausrede. An der Stelle müssen auch die Bundesländer besser zusammenarbeiten und Finanzdaten austauschen können.

  • Sollten nicht in Zeiten von Emanzipation & Gleichberechtigung, einmal die Unterhaltsregelungen gegenüber Männern, die sich explizit gegen die Austragung einer Schwangerschaft ausgesprochen haben, neu überdacht werden ? Ist es noch Gleichberechtigung, wenn hier bei der Entscheidungsfindung für oder gegen ein Kind - mit zweierlei Maß gemessen wird ? Sollte nicht der Elternteil, der sich gegen die Entscheidung des anderen Elternteil durchsetzt - auch die finanziellen Konsequenzen aus seiner Entscheidung tragen ? Wie sind eigentlich die Prozentzahlen bei Frauen, die den Kindern keinen Unterhalt zahlen, die bei ihren Vätern aufwachsen ? Zudem, da die Kirchen sich doch immer so für Babys aussprechen und unsere Regierung ja auch eher für eine Austragung der befruchteten Eizelle ist, wären da nicht die Unterhaltspflichtigen Institutionen ?

    • @Alex_der_Wunderer:

      Dann sollten Männer, die nicht Vater werden möchten, in Zeiten von Emanzipation & Gleichberechtigung doch bitte auch das Thema Verhütung neu überdenken. Es ist nicht so schwierig, Kondome zu benutzen oder ganz konsequent eine Vasektomie durchführen zu lassen.

    • @Alex_der_Wunderer:

      Das heißt also, Männer sollen künftig wieder über die Körper von Frauen entscheiden? Und wenn die Frauen selbst entscheiden wollen, brauchen die Männer halt nicht zu zahlen? Das wäre eine doppelter Salto ruckwärts in die patriarchale Ursuppe.



      Wie wäre es, wenn einfach Männer ihre Verantwortung wahr nehmen, echte Männer sind und zu ihren Verpflichtungen stehen?

    • @Alex_der_Wunderer:

      Sollten nicht wir Männer die volle Verantwortung für die Verhütung übernehmen, wenn wir wissen, dass wir keine Kinder wollen? Sollten wir nicht aufhören, Minderheitenerfahrungen, die uns eventuell selbst betreffen, als Mehrheitserfahrungen darzustellen? Sollten wir, als immer noch stark Privilegierte, aufhören, so zu tun, als wären die Lebensumstände von alleinerziehenden Müttern auch nur ansatzweise vergleichbar mit denen von unterhaltspflichtigen Vätern?



      Ja, bitte. Sollten wir.