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Vorwürfe gegen CDU-Mann Markus KurzeKüssen verboten, auch für breitbeinige CDU-Politiker

Markus Kurze sollte wegen eines Handkusses den Medienanstalt-Vorsitz verlieren – doch AfD und fehlender Aufklärungswille retteten ihn.

Markus Kurzes Übergriffigkeit wird wohl folgenlos bleiben Foto: Jan Woitas/dpa

M arkus Kurze aus Sachsen-Anhalt ist Landtagsabgeordneter der CDU und ein echter Tausendsassa. Er ist Vorsitzender des Stadtrats im schönen Burg bei Magdeburg, Vorsitzender des Kreistags, seit über 20 Jahren im Landtag. Kurze ist medienpolitischer Sprecher seiner Fraktion und wortmächtiger Kritiker der Öffentlich-Rechtlichen. Sein Diskussionsstil ist selbstbewusst-breitbeinig, Damen begrüßt er schon mal mit Handkuss.

Und so, heißt es, führt er als Vorsitzender auch die Versammlung der Medienanstalt Sachsen-Anhalt (MSA). Überprüfen lässt sich das nicht, denn das oberste Gremium der für die Privatfunkaufsicht zuständigen Anstalt tagt immer noch altbacken nicht öffentlich. Einen Pressesprecher gibt es nicht. Den Job macht MSA-Direktor Martin Heine gleich mit, nach dem Motto: Hier kocht der Chef.

Hinter den verschlossenen Türen gelang jetzt auch Kurzes Rettung. Bei der Sitzung am Mittwoch stand nämlich seine Abwahl als Vorsitzender der MSA-Versammlung auf der Tagesordnung. Allerdings nicht, weil sie bei der Landesmedienanstalt gemerkt hätten, dass es einen Interessenkonflikt gibt. Weil eben ein CDU-Medienpolitiker an der Spitze eines der Unabhängigkeit und Überparteilichkeit verpflichteten Gremiums steht.

Es gab viel mehr eine zu Recht aufgekochte Stimmung, weil sich Kurze bei einem Parlamentarischen Abend des Landtags am 12. Juni übergriffig gegenüber einer Frau verhalten haben soll. Kurzes Anwalt sagt, es sei „allein zutreffend, dass mein Mandant unbeabsichtigt einen missglückten Handkuss ausgeführt hat“.

Zusammenarbeit beeinträchtigt

Eine sexuelle Belästigung im Sinne des Strafrechts liege nicht vor, die Staatsanwaltschaft habe kein Ermittlungsverfahren eingeleitet, auch habe die Betroffene keine Anzeige erstattet. Kurze habe sich entschuldigt. Wer was anderes schreibt, bekommt Post von der Kanzlei.

Wegen dieses Handkusses trat Kurze aber zwei Tage nach dem Vorfall vom viel wichtigeren Posten als Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Fraktion zurück. Die Zusammenarbeit mit den anderen Fraktionen sei beeinträchtigt, hieß es zur Erklärung. „Jupp, Küssen verboten! Egal wie wichtig du bist“, summt die Mitbewohnerin.

Wetten, dass Kurze bald wie Kai aus der Kiste wieder auftaucht? Bei der Versammlung, die immerhin den Arsch in der Hose hatte, seine Abwahl auf Antrag des Netzwerks Migrantenorganisationen, des Landesfrauenrats und des DGB knapp auf die Tagesordnung zu nehmen, kam Kurze durch. In der Debatte habe sich vor allem auch die AfD im Gremium für Kurze starkgemacht, sagen Teilnehmer*innen.

Zur Abwahl wären zwei Drittel nötig gewesen, zustande kam nicht mal eine einfache Mehrheit. „Von 27 anwesenden Mitgliedern stimmten 12 für den Antrag. Der Vorsitzende bleibt im Amt und dankte für das Vertrauen“, sagte MSA-Pressesprecher Martin Heine nach der Sitzung.

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Steffen Grimberg
Medienjournalist
2000-2012 Medienredakteur der taz, dann Redakteur bei "ZAPP" (NDR), Leiter des Grimme-Preises, 2016/17 Sprecher der ARD-Vorsitzenden Karola Wille, ab 2018 freier Autor, u.a. beim MDR Medienportal MEDIEN360G. Seit Juni 2023 Leitung des KNA-Mediendienst. Schreibt jede Woche die Medienkolumne "Flimmern und rauschen"
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15 Kommentare

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  • Verunglückter Handkuss? Was soll das sein?

  • M.K. hat sich stark alkoholisiert an einer Frau vergriffen und sie im Anschluss weiterhin bedrängt, so dass andere dazwischen gehen mussten. Bekannt ist er für ausufernden Alkoholkonsum & eine vernebelte Rede im Landtag (2017), sowie das Auffinden seiner völlig desorientierten Person in einer Hotellobby anlässlich des Europa Ausschusses in Malta (2016).

    gruene-jerichower-...fall-in-magdeburg/

    „unter starkem Alkoholeinfluss eine Mitarbeiterin einer anderen Fraktion sexuell belästigt und später in den Räumlichkeiten eines Hotels in der Nähe des Domplatzes weiter bedrängt, sodass andere Teilnehmer dazwischen gehen mussten.“

    meetingpoint-jl.de...erste-konsequenzen

    „am Donnerstag (12.06.2025), eine Frau sexuell belästigt. Wie die Volksstimme berichtete, soll Kurze den Finger einer Frau in den Mund genommen haben … Markus Kurze soll laut Augenzeugen stark alkoholisiert gewesen sein.“

    dubisthalle.de/sex...ig-und-nicht-genug

  • Artikel, der Fragen offen lässt. Was ist eigentlich genau passiert? Vom Posten eines Parlamentarischen Geschäftführers tritt Mann nicht eben mal so zurück.



    Deshalb die Frage: Wird hier eine sexuelle Belästigung unter den Tisch gewischt? Vor allem: wie geht es der Betroffenen? Schweigt sie, weil Markus Kurze ein mächtiger Politiker ist, der zudem jedem mit dem Anwalt droht, was den Sachverhalt angeht. Hat sich Kurze bei der Betroffenen entschuldigt? Die taz sollte recherchieren.

  • Also wenn man mit so einem Text dem Affen Zucker gibt, dann sollte wenigstens genau drinstehen, worum es eigentlich geht, also worin genau die "Übergriffigkeit" des Herrn bestand, wer sie inkriminiert hat etc. Ein Handkuss ist jetzt nicht mehr überall üblich, aber eine Übergriffigkeit wäre er auch nicht. Die "betroffene" Frau scheint es jetzt auch nicht gestört zu haben.



    Und erst dann, wenn also ein Vergehen etc. vorliegen täte, wäre auch die Unterstützung durch die AfD nochmal ein extra Thema.

  • Ein Nachtrag : Es drängt sich das Gefühl auf, dass es ein bewusstes Foulspiel derer ist, die diesem Mann nicht verzeihen kônnen, das Thema Senkung und Neuverhandeln der Rundfunkgebühren für den Öff.Recht. Rundfunk am Laufen zu halten. Das ist nun wirklich billig.

    • @Zonen Gabi:

      Mir drängt sich eher der Verdacht auf, dass ein wegen seiner Entgleisungen bekannter Politiker, mal wieder zu tief ins Glas geschaut hat und mehrfach die Grenzen einer Frau missachtet hat. Das ist ein klarer Fall von sexueller Belästigung eingebettet in Machtmissbrauch. Zumindest hat er den angerichteten Schaden für die Frau, seine Fraktion, die Politik im allgemeinen erkannt und das einzig richtige getan: sich entschuldigt und zurückgetreten. Ich würde ja noch eine Runde durch die AA’s empfehlen, wobei sich das erst „A“ vermutlich erübrigt, nachdem er im Vollsuff vorm Landtag referierte.

  • Mit Verlaub. Sind den alle wahnsinnig. Was bittschön ist an einem Handkuss übergriffig? Ist das Hut-ziehen, das Winken, Siezen, Großschreiben von Pronomen und ein angedeuteter Kuss auch übergriffig. So stärkt man Populisten, weil genau diese traditionellen Höflichkeits- und Respektsformen nicht übergriffig sind. In südlichen und östlichen Ländern sind Küsse zur Begrüssung ,auch unter Männern, normal. Die Menschen die sowas anprangern wollen einerseits eine "offene" Gesellschaft, anderseits Tradition und Respekt an den Pranger stellen. Erklären Sie das den neuen Mitbürgern.

    • @Zonen Gabi:

      Wenn die Frau zu Beispiel die Hand wegzieht und damit deutlich macht, dass sie eine solche Berührung nicht will, wäre auch ein Handkuss übergriffig.

      Was genau passiert ist, steht leider nicht im Artikel. Aber wenn sich der Herr für den "verunglückten Handkuss" entschuldigt, können wir wohl davon ausgehen, dass es eben kein gewöhnlicher Handkuss war.

    • @Zonen Gabi:

      Werte Zonen Gabi, sämtliche körperlichen Annäherungen die nicht die Zustimmung des Gegenüber haben, sind Übergriffe und das ist auch gut so. So stärkt man sexuelle Selbstbestimmung und keine Populisten. Traurig genug das in einer vermeintlich zivilisierten Gesellschaft juristische Grundsätze wie „Nein heißt Nein“ definiert werden müssen, damit klar wird, was eine Grenzüberschreitung ist. Auch das reichte offenbar noch immer nicht, und da Täter sich dann auch gern an der vor Angst erstarten und stummen Frau vergreifen – weil sie hat ja nicht Nein gesagt – noch der Grundsatz „Nur ja heißt Ja“ hinterhergeschoben werden muss. Es geht um Konsens, gerade auch in Zeiten in denen Frauen mit Vorliebe zu Tausenden betäubt werden, um auch wirklich jede Schandtat begehen und gleich noch nebenbei ein paar Videoclips für die Homies machen zu können. Im Übrigen küssen Sie in manchen Ländern, in denen Männer sich küssend grüßen eine Frau, werden Sie abgemurkst… nur mal so zum Thema Tradition und Respekt.

    • @Zonen Gabi:

      Lustig, dass sie auf südliche und östliche Länder zur Verteidigung verweisen. Werden doch sonst die Kulturen dieser Länder häufig als weniger kompatibel mit der deutschen (Leit)Kultur angesehen. Gerade von CxU und AfD.

      Ansonsten: unbeabsichtigt Handkuss? Musste er wohl sehr spontan niesen beim Handschlag und hat die fremde Hand nicht mehr wegbekommen. Kann jedem mal passieren...

  • Ich habe auf anderen Seiten (gruene-jerichower-land.de/) nachdem ich auf Google gesucht habe, mehr gefunden als in diesen Artikel beschrieben.

    Gibt es einen Grund (Rechtlich), dass es als "harmloser" Handkuss in diesen Artikel dargestellt wird? Denn es wird auf den anderen Seiten u.a. behauptet, dass auch Teilnehmer dazwischen gehen mussten u.a.?

    • @Wayko:

      @Wayko, Danke für das Nachholen der Recherche zu diesem Artikel. Ein merkwürdiger Übergriff eines Alkoholikers lag vor, kein Handkuss, laut Spiegel.

    • @Wayko:

      Vielen Dank für Ihre Mühe. Zwar sind die meisten Artikel leider hinter einer Bezahlschranke, die auf der Seite der Grünen zusätzlich verlinkt sind.

      Aber es scheint so zu sein, dass Herr Kurze ziemliche Probleme damit hat, zu erkennen, wann er genug getrunken hat.

      Denn laut Angabe der Grünen soll er schon mehrfach hackedicht in der Öffentlichkeit herum getorkelt sein, und die Frau hat wohl nicht nur einen "Handkuss" bekommen, selbst wenn das die eigentlich Absicht von Kurze gewesen ist, er sich aber im Suff nicht mehr im Griff hatte.

      Nur seltsam, dass Herr Grimberg diese zusätzlichen Dinge nicht erwähnt. Und wenn seine Mitbewohnerin schon ungewollte Handküsse für derart verwerflich hält, frage ich mich, was für ein "Wohnklima" dort herrscht.

  • Wer es ernst meint mit der Brandmauer gegen die AfD, sollte dann auch nicht bei jeder Gelegenheit versuchen CDU-Leute auf die falsche Seite zu stellen, weil sie antiquierte Traditionen pflegen.

  • "...dass mein Mandant unbeabsichtigt einen missglückten Handkuss ausgeführt hat"



    Was bitte ist ein 'missglückter Handkuss'? Ist er ihr dabei zwischen die Beine gestolpert oder was? Nur damit ich den Vorfall einordnen kann.