Europas Rolle nach Alaska-Gipfel: Sanktionen reichen nicht
Europas Spitze reist mit Selenskyj zu Trump – gut so. Für ein Ende des Blutvergießens sollte Europa aber auch seine Kontakte zu China nutzen.

F riedrich Merz, Emmanuel Macron, Keir Starmer und Ursula von der Leyen – sie sind Teil der europäischen Prätorianergarde, die im Weißen Haus einen erneuten verbalen Anschlag auf Wolodymyr Selenskyj, wie im Februar geschehen, verhindern soll. Es ist ein gutes Signal, dass die europäischen Spitzenpolitiker den ukrainischen Präsidenten diesen Montag nach Washington begleiten. Denn sie haben jene ukrainischen Interessen im Blick, die Donald Trump nur allzu gern für einen billigen Deal mit Putin verraten möchte. Russland ist eben eine Großmacht, und die Ukraine ist es nicht, so formulierte es Trump kürzlich bei Fox News.
Oberste Priorität der Europäer sollte sein, dass Trump Putin nicht über die Köpfe der Ukrainer hinweg Dinge verspricht, die allenfalls Teil einer Verhandlungslösung sein sollten, bei der die Ukraine mitredet. Ferner muss sich die europäische „Koalition der Willigen“ bewusst werden, was sie denn eigentlich will. Wie könnte sie nach der Unterzeichnung eines etwaigen Abkommens zu dessen Überwachung und zum Schutz der Ukraine beitragen? Sicherheitsgarantien dieser Art werden nötig sein, weil man mittlerweile weiß, wie wenig wert Putin seine Unterschrift auf einem Blatt Papier ist.
Aktuell deutet jedoch nicht viel darauf hin, dass Putin ernsthaft an Verhandlungen interessiert ist, die in einem für die Ukraine akzeptablen Ergebnis münden könnten. Europa muss sich deshalb auch überlegen, wie es den Druck auf Russland erhöhen kann. Ein mögliches 19. EU-Sanktionspaket wird hier nicht reichen. Ein großzügig geschnürtes Waffenpaket für die Ukraine könnte Putin schon eher beunruhigen.
Und schließlich sollte Europa auch seine Kontakte nach China nutzen, damit die Führung in Peking für Verhandlungen Druck auf Putin ausübt. Denn obwohl China Russland in seinem Krieg unterstützt, hat Xi Jinping kein echtes Interesse an seiner Fortdauer – dafür aber an einer Öffnung der Handelswege. Den Weg nach Peking nicht anzutreten, wäre daher töricht.
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