Konflikt um NDR-Format „Klar“: Moderatorin Ruhs fliegt nach Protest von Mitarbeitern
Nach Kritik am Reportageformat „Klar“ muss Moderatorin Julia Ruhs gehen. Rechte wittern eine Kampagne des angeblich links-grünen öffentlich-rechtlichen Rundfunks.
Innerhalb des Norddeutschen Rundfunks (NDR) soll sich laut Recherchen der Welt in den vergangenen Monaten ein interner Konflikt um das Format „Klar“ und die Moderatorin Julia Ruhs entwickelt haben. Nun hat sich der Sender offenbar entschieden, Ruhs in dem gemeinsam mit dem Bayrischen Rundfunk (BR) produzierten Reportageformat nicht weiter einzusetzen.
In dem Reportageformat sollten auch vermeintlich heikle Themen besprochen werden, so ging es in den bisherigen Folgen um Migration, Corona oder um die Bauernproteste und wachsende Unzufriedenheit von Landwirten. Die bisherigen Folgen sorgten für breite mediale Kritik. Im „ZDF Magazin Royale“ nannte Jan Böhmermann die Sendung mit dem Titel „Migration – was falsch läuft“ etwa „rechtspopulistischen Quatsch“, der Verein „Neue Deutsche Medienmacher:innen“ bezeichnete sie als „Tiefpunkt in der Berichterstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“.
Konservative Stimme der ARD
Julia Ruhs ist eigenen Aussagen zufolge mit der Sendung auch angetreten, um eine breitere Zielgruppe anzusprechen. „In den vergangenen Jahren wurde viel von Diversität gesprochen, doch das ging auch einher mit dem Ausblenden unliebsamer Themen und Meinungen. Viele Menschen haben das so gesehen. Ihnen möchten wir mit unserem neuen Format ein Angebot machen“, sagte die Moderatorin in der Ankündigung des Formats in einer Pressemitteilung des NDR.
Ruhs, ebenfalls Kolumnistin bei Focus-Online, wurde auch bekannt durch ihre Kritik an „queeren Gaga-Workshops“ und „wokem Irrsinn“ oder ihrem Buch „Links-grüne Meinungsmacht“. Die Süddeutsche Zeitung bezeichnete sie als „bekannteste konservative Stimme der ARD“ und als „Kulturkämpferin“.
Konflikt um journalistische Standards
Laut Welt tobt nun seit Monaten innerhalb des NDR ein „erbittert geführter Kampf um redaktionelle Freiheit und das journalistische Programm“. Kolleg*innen aus anderen Redaktionen hätten „Klar“ vorgeworfen, mit undifferenzierten Beiträgen rechte Stimmung im Land zu verbreiten. Bereits nach der ersten Sendung über Migration soll es in einer NDR-internen Besprechung zu „einer knapp drei Stunden langen knallharten Abrechnung mit Ruhs und ihrem Team“ gekommen sein.
In einem offenen Brief haben sich laut Welt fast 250 Mitarbeiter*innen des Senders von „Klar“ distanziert. In diesem soll der Vorwurf erhoben werden, die Sendung über Migration verletzte „in unseren Augen eine Reihe von Grundsätzen unserer journalistischen Arbeit und kommt unserem öffentlich-rechtlichen Auftrag gemäß NDR-Staatsvertrag nicht nach“. Weiterhin wolle das Format „offenbar spalten, das wird auch in der Moderation deutlich formuliert“.
Wie der NDR mittlerweile bestätigte, soll das Format weiterhin produziert werden. Laut Welt soll Ruhs aber nur noch die Ausgaben moderieren, die vom BR verantwortet werden. „Ich bin zutiefst enttäuscht, ja fassungslos über die Entscheidung des NDR, genauso wie mein gesamtes KLAR-Team“, schrieb Ruhs in einem Post auf „X“. Dass sie das Format für den NDR nicht mehr moderieren darf, sei ein ein Armutszeugnis.
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