Erneute Debatte zum Deutschlandticket: Schrecklich ideenlos
Attraktiver öffentlicher Verkehr könnte nicht nur für die Umwelt gewinnbringend sein. Stattdessen soll das Deutschlandticket nochmal teurer werden.
D a ist sie wieder, die Debatte über das Deutschlandticket und seinen Preis. Die letzte Verteuerung auf 58 Euro im Monat ist noch kein Jahr her. Und eigentlich verspricht der Koalitionsvertrag Ruhe bis 2029. Bis dahin sollte der Preis stabil bleiben. Dass die Länder jetzt mit neuen Preissteigerungen um die Ecke kommen, widerspricht aber nicht nur dem Vertrag der schwarz-roten Koalition. Es ist auch schrecklich ideenlos. Und es zeugt davon, wie wenig sie sich um eine soziale und klimagerechte Verkehrswende scheren.
Am Donnerstag treffen sich die Landesverkehrsminister:innen in München. Sie erwägen, das Deutschlandticket schon ab 2026 auf 62 oder 64 Euro zu verteuern. Mit 62 Euro würden die erwarteten Kosten der Verkehrsbetriebe gedeckt, heißt es. 64 Euro wären den unionsregierten Ländern lieber. Jedes Mal, wenn die Minister:innen schon vor ihren Treffen die große Preisfrage stellen, untergraben sie wichtigere Diskussionen über das Deutschlandticket. Darüber zum Beispiel, wie sich mehr Kund:innen ins Abo locken lassen.
Oder darüber, wie endlich ein Sozialticket für weniger Geld angeboten werden kann. Oder aber darüber, wie Bund und Länder den ÖPNV langfristig finanzieren können, ohne die Kosten auf die Kund:innen abzuwälzen. Wie gewinnbringend ein gut ausgebauter und bezahlbarer Nahverkehr wäre, zeigt eine neue Studie der Beratungsfirma KCW im Auftrag des Umweltbundesamtes: Ein gezielter ÖPNV-Ausbau bis 2045 könnte 10 Prozent des Autoverkehrs auf Bus und Bahn verlagern – und so den Klimaschutz ankurbeln.

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Aus der Studie wird auch klar: Der Bus- und Bahnbetrieb wird inflationsbedingt immer teurer. Dafür aber sollten nicht allein Kund:innen, sondern vor allem Bund und Länder mehr zahlen. In der Studie steht zudem, wie das klappen kann. Die Länder und Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder müssen also nicht mal mehr selbst auf gute Ideen kommen. Sie müssen bloß endlich beweisen, dass sie bereit sind, die Ideen für einen attraktiven Nahverkehr auch umzusetzen.
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