Verbotene Kundgebung in Berlin: Polizei kesselt Palästina-Demo ein
Trotz Verbot haben sich am Dienstagabend hunderte Palästina-Aktivist*innen am Alexanderplatz versammelt. Zum Teil war die Lage unübersichtlich.

Vor dem Roten Rathaus spielten sich zum Teil unübersichtliche Szenen ab. Die Polizei wirkte überrascht, als sich hunderte Aktivist*innen gegen 18:30 Uhr am Neptunbrunnen versammelten – und nicht an der wenige hundert Meter entfernten Weltzeituhr, wo die Kundgebung ursprünglich angekündigt gewesen war.
Mehrfach umringten Polizist*innen Gruppen von Demonstrant*innen, doch zunächst blieb die Lage im zunehmend dunklen Park hektisch. Erst mit Unterstützung von hunderten zusätzlichen Beamt*innen drängten sie die Menge nach und nach auf den Platz vor den Rathaus-Passagen.
Die Demonstrant*innen riefen Parolen wie „From the Sea to the River, Palestine will live forever“, „There is only one solution, Intifada Revolution“ und „Stop the bombing now“. Außerhalb der Polizeiketten waren wiederholt Detonationen von Böllern zu hören.
Wasserwerfer und Polizeikessel
Per Lautsprecher forderte die Polizei die Menschen auf, den Ort zu verlassen. Zwischenzeitlich war dies allerdings nicht möglich: Auch in die vorgegebene Richtung versperrten Polizeiketten den Weg, dabei wurden auch Journalist*innen festgehalten.
Ein Wasserwerfer wurde in Stellung gebracht, allerdings nicht eingesetzt. Die Polizei erklärte via Durchsage, alle Menschen im Kessel seien in Gewahrsam genommen worden und würden erkennungsdienstlich behandelt. Nach Schätzung der taz dürfte es sich zu dem Zeitpunkt um bis zu 300 Personen gehandelt haben.
Immer wieder gab es Festnahmen; Aktivist*innen wurden teils unter Anwendung von Schmerzgriffen aus dem Kessel geführt. Einzelne Personen lagen zwischenzeitlich am Boden und waren auf Erste Hilfe angewiesen.
Auch am späten Abend waren noch zahlreiche Demonstrant*innen und ein Großaufgebot der Polizei vor Ort. In der Dircksenstraße am Bahnhof Alexanderplatz hatte die Polizei eine Bearbeitungsstraße zur Identifikation der Festgenommenen eingerichtet sowie Gefangenentransporter postiert.
Demo-Verbot wegen Jubel über 7. Oktober
Die Versammlungsbehörde hatte die Demonstration mit dem Titel „Stoppt den Völkermord“ am Dienstagnachmittag verboten. Im Ankündigungstext wurde das Hamas-Massaker vom 7. Oktober als „heldenhafter Ausbruch“ und „Leuchtfeuer der revolutionären Hoffnung“ bezeichnet. Flyer zeigten zudem unter anderem Paraglider, mit denen die Attentäter nach Israel eingedrungen waren.
Bereits der Aufruf in den sozialen Medien habe zur „Einleitung eines Strafverfahrens geführt“, erklärte die Behörde. Daher müsse von einem „unfriedlichen Verlauf ausgegangen werden“. Auch alle Ersatzveranstaltungen wurden verboten.
Zuvor hatte die Polizei am Dienstagmorgen eine Straßenblockade von Palästina-Aktivist*innen in Berlin-Friedrichshain aufgelöst. Auch dort gab es mehrere Festnahmen, Menschen wurden in Gewahrsam genommen.
Insgesamt war die Polizei laut eigenen Angaben zum Jahrestag des 7. Oktober berlinweit mit 1.500 Beamt*innen im Einsatz. Andere Gedenkveranstaltungen an den Angriff verliefen demnach ohne Zwischenfälle.
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