Bekämpfung von Wohnungslosigkeit: Kommt das Zuhause für alle?
Bis 2030 soll niemand mehr wohnungslos sein müssen. Ist das realistisch? Wie geht es denjenigen, die keine Wohnung haben? Protokolle von Wohnungslosen.
Bis zum Jahr 2030 sollen alle Menschen im Land angemessen wohnen. Niemand soll sein Zelt unter der Brücke aufschlagen, Studierende nicht monatelang das Sofa von Bekannten belegen, weil die Suche nach einem WG-Zimmer an vielen Orten zum Glücksspiel geworden ist. So sieht es der Nationale Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit vor, der 2024 noch unter der Ampelregierung beschlossen wurde.
Menschen können aus unterschiedlichsten Gründen keine Wohnung haben. Verweilt jemand übergangsweise bei Freunden, etwa nach einer Trennung, wird die Person als wohnungslos bezeichnet. Dazu zählen aber auch Frauen in Frauenhäusern oder anerkannte Geflüchtete, die in Wohnheimen festhängen, weil sie nichts anderes finden.
Für obdachlose Menschen, sie schlafen im Freien, ist die Situation besonders existenziell und lebensbedrohlich. Sie sind Hitze, Kälte und Gewalt schutzlos ausgeliefert. Grundbedürfnisse, wie die Möglichkeit, sich zu waschen, sind für sie nicht selbstverständlich erfüllbar. Das Leben auf der Straße stelle „die extremste Form von Armut, Ausgrenzung und gesundheitlicher Gefährdung […] dar“, heißt es im Nationalen Aktionsplan. Das darin formulierte Ziel ist, bis 2030 alle Menschen mit angemessenem Wohnraum zu versorgen. Auch die schwarz-rote Koalition bekennt sich dazu.
Laut dem letzten Wohnungslosenbericht sind etwa 531.600 Menschen in Deutschland wohnungslos. Schätzungsweise 47.300 von ihnen leben auf der Straße. Wie viele es wirklich sind, ist aber unklar. Der Aktionsplan bündelt verschiedene Maßnahmen, die von Bund, Ländern und Kommunen umgesetzt werden sollen. Das umfasst zum Beispiel mehr Geld für Sozialwohnungen, mehr Prävention, Forschung, aber auch die Erarbeitung von einheitlichen Standards in Notunterkünften oder eine verbesserte Förderung von Housing First. Dieser Ansatz ist sehr gut erprobt, um Obdachlosen mit komplexen Problemen zu helfen. Eine eigene Wohnung wird dabei als Grundvoraussetzung betrachtet. Finnland gilt als Vorreiter bei der Bekämpfung von Obdachlosigkeit, zur finnischen Strategie gehört aber auch der Bau von günstigem Wohnraum.
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„Grundvoraussetzung für Würde und Teilhabe“
Um das Ziel des Aktionsplans zu erreichen, brauche es vor allem mehr bezahlbaren Wohnraum, erklärt die Bundestagsabgeordnete Emmi Zeulner (CSU), zuständige Berichterstatterin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, der taz. Ein sicheres Zuhause sei die „Grundvoraussetzung für Würde und Teilhabe“. Zeulner verweist auf die aufgestockten Gelder für den sozialen Wohnungsbau und den beschlossenen Bauturbo. Daneben sei „Prävention und der Ausbau niedrigschwelliger Unterstützungsangebote“ sehr wichtig.
„Wohnen ist ein Menschenrecht“, sagt die Abgeordnete Heike Heubach, die in der SPD-Bundestagsfraktion für das Thema zuständig ist. Zentrale Hebel lägen „im Zusammenspiel von Prävention, Wohnraumschaffung, Unterstützungsangeboten und einer wirksamen Koordinierung aller Akteure“.
Bundestagsabgeordnete Sylvia Rietenberg (Grüne) hält die Anstrengungen für nicht ausreichend. „Statt die wirklichen Ursachen sozialer Not konsequent anzugehen, betreibt die Bundesregierung noch zusätzlich Symbolpolitik beim Bürgergeld.“ Wer Wohnungslosigkeit überwinden wolle, müsse „soziale Sicherung und Wohnungsbaupolitik zusammen denken“.
Ähnlich sieht das Sahra Mirow, Sprecherin für soziales Wohnen der Linksfraktion. Mit Blick auf Housing First verweist Mirow auf den viel höheren Anteil an Sozialwohnungen in Finnland. „Housing First allein bringt nichts, wenn die staatlichen Sozialwohnungen dazu fehlen“, sagt sie. Tatsächlich ist die Zahl der Sozialwohnungen in Deutschland rückläufig – trotz der vielfach bekundeten Rekordinvestitionen.
Achim, 61, Karlsruhe: „Gewalt auf der Straße hat zugenommen“
„Das Beste ist, wenn man jemanden findet, der einen ein paar Nächte bei sich schlafen lässt. Das können Bekannte sein oder – wenn man sich traut, sie anzusprechen – Leute auf der Straße, die vertrauenswürdig erscheinen. Aber das kommt immer seltener vor, dass da jemand mal Ja sagt. Auch gut sind trockene Hauseingänge oder die Plätze in der Fußgängerzone, wo die Wärme aus den U-Bahnen hochkommt. Die Plätze sind dann auch mal umkämpft.
Insgesamt stelle ich fest, dass die Bürger in der Stadt immer weniger akzeptieren, wenn Obdachlose irgendwo ihr Quartier aufschlagen. Da wird schnell die Polizei geholt oder die Hauseingänge sind mit Toren verschlossen. Früher haben Kollegen von mir auch mal auf einem Campingplatz überwintert, doch auch da werden wir Wohnungslose immer seltener akzeptiert. Aber es ist immer noch besser als in den meisten anderen Ländern in Europa. Da gibt es oft noch viel weniger Akzeptanz für Menschen auf der Straße.
Wichtig ist halt immer, dass du einigermaßen warm und trocken liegst. Das kann auch ein Sandboden unter einer Brücke mit Schlafsack und Isomatte sein. Aber ich habe immer schlecht auf der Straße geschlafen. Ich habe immer Angst gehabt, dass mich jemand überfällt. Junkies oder andere Wohnungslose. Das hatte ich immer im Hinterkopf. Inzwischen passiert es aber auch hier in Karlsruhe, dass irgendwelche Leute zum Spaß Menschen auf der Straße angreifen. Ich finde, die Gewalt hat auf der Straße insgesamt stark zugenommen.
Eigentlich gibt es in der Stadt für den Winter genug Schlafplätze. Zum Beispiel in der Kriegsstraße 88. Wenn man sich registrieren lässt, hat man ein eigenes Bett und kann tagsüber kommen und gehen, wie man will. In der Kleiderkammer gibt es frische Wäsche, und man kann seine Sachen auch für zwei Euro waschen und trocknen. Die „88“ ist ein guter Ort, um über den Winter zu kommen. Aber wenn man fremd in einer Stadt ist, muss man diese Orte erst mal finden. Da ist man auf Tipps angewiesen.“ Protokoll: Benno Stieber
Melanie, 50, Berlin: „Ich brauche meine Ruhe“
„Obwohl es kontrovers klingt, ist der Winter für mich einfacher als die anderen Jahreszeiten. Das liegt daran, dass es in dieser Zeit mehr Anlaufstellen für obdachlose Menschen gibt. Im Sommer dagegen sind die Plätze begrenzter, die Konkurrenz ist groß. Jedes Jahr erscheint der Kältehilfewegweiser der Berliner Kältehilfe, wo alle Notunterkünfte aufgelistet sind.
Melanie, Betroffene von Wohnungslosigkeit
Um der Kälte zu entkommen, kann man sich in Übernachtungsstätten, Nachtcafés und Tagesstätten aufhalten. Jede Unterkunft hat ihre Zeiten. Ich bin zum Beispiel tagsüber beim Unterschlupf e. V., beim Frauentreffpunkt Sophie oder bei Evas Haltestelle. Zum Schlafen gehe ich in Übernachtungsstätten, entweder in der Petersburger Straße oder in der Tieckstraße. Die Plätze sind beschränkt. Ich habe nur wenige Wochen einen Platz, dann muss ich die Unterkunft wechseln. Bei der Suche nach einem neuen Platz hilft mir oftmals die Leitung der Einrichtung. Ich halte mich inzwischen nur noch in Fraueneinrichtungen auf. Hier fühle ich mich wohler und sicherer als in gemischten Unterkünften, wo oft Alkohol und Drogen im Spiel sind. Ich brauche meine Ruhe. Außerdem bin ich lesbisch und habe mit Männern so gut wie nichts zu tun.
In den Einrichtungen kann ich täglich duschen und ein- bis zweimal die Woche meine Kleidung waschen. Außerdem habe ich oftmals Internetzugang, den ich für ein paar Stunden am Tag nutzen kann. Man muss nur gut auf seine Sachen aufpassen, weil hier oft geklaut wird: Ich trage meine immer bei mir.
Ich komme ursprünglich aus Wiesbaden. Dort habe ich Gewalt erfahren und bin eines Nachts geflohen. Bevor ich nach Berlin kam, lebte ich einige Zeit in einem Zelt in Hamburg. Manchmal kamen betrunkene Männer, die nachts daran rüttelten oder versuchten, es zu öffnen. Ich rief dann ganz laut: „Haut jetzt endlich ab“, dann ließen sie mich meistens in Ruhe. Die Straße kann gefährlich sein – auch für Männer, aber besonders für Frauen. Am besten findet man als Frau Schutz vor Gewalt in Fraueneinrichtungen.
Ich besitze eine negative Schufa – durch meine Flucht aus der Wohnung sind Schulden entstanden. Es ist schwierig für mich, eine Wohnung zu finden. Ich wünsche mir, dass ich geradeaus gehen kann und irgendwann eine feste Bleibe finde. Protokoll: Lisette Habig
Hans-Peter, 61, Wuppertal: „Dann kommt die Polizei und wir werden geräumt“
Im Sommer wurde ich mit einer Metallstange angegriffen. Ich habe in einem Hauseingang geschlafen und dann haben mir nachts drei Jugendliche die Stange über den Kopf gezogen und sind weggerannt. Ein Kollege hat die Polizei gerufen, aber bis die da war, waren die Täter über alle Berge. So ist das meistens. Einen sicheren und warmen Schlafplatz finden, das ist eigentlich immer die größte Sorge.
Eine Zeitlang konnte ich zusammen mit einem Freund in einem leer stehenden Geschäft schlafen. Da haben wir eigentlich niemanden gestört. Irgendwann haben sich die Inhaber dann aber doch beschwert. So läuft das eigentlich immer. Und dann kommt die Polizei und wir werden geräumt. Und dann sucht man sich wieder was Neues. Wenn ich draußen geschlafen habe, dann oft mit ein paar Leuten zusammen und nicht direkt im Stadtzentrum. Da ist man sicherer vor Gewalt, als wenn man mittendrin ist. Aber richtig sicher ist man draußen eben nie.
Wenn es richtig kalt wird, öffnet die Stadt auch mal den Bahnhof. In die Notunterkunft in Wuppertal kannste meines Erachtens gar nicht gehen: Gefühlte 40 Betten in einem großen Raum, viele Leute gehen alkoholisiert dahin, benehmen sich daneben. Du musst aufpassen, dass dir nichts geklaut wird. Die letzten Jahre habe ich meistens draußen geschlafen.
Zuletzt habe ich oft bei einem Bekannten geschlafen, der hat eine Wohnung und stellt für fünf Euro die Nacht einen Schlafplatz und eine warme Mahlzeit zur Verfügung. Wenn ich dusche oder wasche, gehe ich ins Gleis 1. Das ist Kontaktladen, Drogenhilfe und Konsumraum in einem. Die helfen einem auch, wenn man mal was im Internet nachschauen muss. Da ist es warm, da arbeiten Sozialarbeiter, die helfen auch mal bei Problemen.
Über sie habe ich jetzt auch endlich eine Wohnung vermittelt bekommen. Sechs Monate darf ich da erst mal wohnen. Mein Ziel ist es dann, über einen Bildungsgutschein von der Agentur für Arbeit eine Ausbildung zum Genesungsbegleiter für Suchtkranke zu machen. Bis auf die Geschichte mit der Eisenstange hab ich hier in Wuppertal viele positive Erfahrungen gesammelt. Wenn ich mit der Schwebebahn fahre, spreche ich die Kontrolleure oft einfach an: „Hi, ich lebe gerade auf der Straße und kann mir kein Ticket leisten.“ Manchmal lassen die mich dann trotzdem mitfahren. Protokoll: Charlotte Kranenberg
Hartmut, 64 Jahre, Berlin: „Ich war seit über zwanzig Jahren nicht beim Hausarzt“
Ich bin 1981 das erste Mal obdachlos geworden. Als Durchreisender, so hieß das damals, bekam ich Sozialleistungen nur tageweise ausgezahlt. Nach drei Tagen musste man weiterziehen. Das habe ich auch getan, zuerst mit Rucksack, später mit Fahrrad, heute bin ich 64 und habe ein E-Bike. Ich bin immer noch viel unterwegs, aber ich habe eine Homebase in Rastatt in Baden Württemberg. Ich bin dort geduldet auf einem ehemaligen Militärgelände, da stehen zwei Garagen drauf und ich zelte praktisch im Winter in der Garage, wenn ich vor Ort bin.
Hartmut schläft inzwischen in einer Garage in Baden-Württemberg
Ich hatte in meinem Leben Phasen mit und ohne Wohnung. Das Leben auf der Straße macht mir keine Angst. Ich kenne mich aus und weiß, wie man sich verhält. Manche denken, Wohnungslose oder Obdachlose sind nicht gut strukturiert, dabei muss man alles selbst organisieren. Man braucht einen sicheren Platz zum Schlafen, man muss täglich gucken, dass man an Geld kommt, man geht täglich einkaufen, weil man keinen Kühlschrank hat, braucht Strom fürs Handy. Um etwas autarker zu sein, habe ich ein klappbares Solarpanel. Das reicht, um mein Handy oder meinen Laptop aufzuladen. Für mein E-Bike nutze ich eine App, die mir alle Ladestationen anzeigt.
Der Winter ist kein Problem für mich. Ich habe ein gutes Immunsystem. Ich war bestimmt seit über zwanzig Jahren nicht mehr beim Hausarzt oder Zahnarzt. Eine gute Ausrüstung ist wichtig. Ich habe einen Schlafsack, der bis minus 30 Grad aushält. Da lege ich einen leichten Sommerschlafsack rein, weil ich den einfacher waschen kann. Ich nutze verschiedene Anlaufstellen, zum Waschen oder für einen Kaffee im Warmen. In Rastatt gibt es auch Tagesaufenthalte, wo ich manchmal essen kann.
Ich engagiere mich viel für die Rechte von wohnungslosen Menschen. Zum Beispiel bin ich Teil einer Facharbeitsgruppe beim Nationalen Aktionsplan zur Bekämpfung von Wohnungslosigkeit. Das meiste ist ehrenamtlich, bei Treffen bekomme aber ich die Fahrtkosten bezahlt und manchmal gibt es eine Aufwandsentschädigung, wenn ich mal auf ein Podium geladen werde. Wenn ich in Berlin bin, übernachte ich meist bei einem alten Freund, der allein in einer Dreizimmerwohnung lebt. Aber ich kenne deutschlandweit viele, die sich mittlerweile das Fest gemacht haben. So nennt man das in unseren Kreisen, wenn Leute im Laufe der Zeit eine Wohnung bekommen haben. Protokoll: Jasmin Kalarickal
Sarah, 38 Jahre, Hamburg: „Kein Zustand, in dem man ewig leben möchte“
Ich bin 38 Jahre alt und lebe seit 2018 auf dem Kiez in Hamburg. Mein Alltag spielt sich größtenteils auf der Straße ab. Zwei- bis dreimal in der Woche kommen Streetworker vorbei. Sie bringen Schlafsäcke oder andere Dinge, die wir gerade brauchen. Vor allem aber fragen sie nach, wie es uns geht. Ich habe das Gefühl, dass sie sich wirklich Zeit nehmen und uns ernst nehmen. Das tut gut. Außerdem erfahre ich von denen, wo ich hingehen kann, wenn ich weitere Hilfe oder Beratung brauche.
Am Wochenende ist auf der Reeperbahn immer etwas los. Die betrunkenen Leute können anstrengend sein, aber meistens sind sie lustig. Hier passieren die verrücktesten Geschichten, und ganz ehrlich gesagt, sind die Betrunkenen auch am spendabelsten. Trotzdem ist das natürlich kein Zustand, in dem man ewig leben möchte. Ich will auf jeden Fall runter von der Straße. Aber ins Notprogramm gehe ich nicht. Das ist die Hölle. Nachts muss man fast schon die Klamotten anschnallen, damit sie einem im Schlaf nicht geklaut werden. Das ist nichts für mich. Ich will mich sicher fühlen und etwas Ruhe haben.
In letzter Zeit merke ich, dass mehr Menschen helfen wollen. Erst vor Kurzem kam ein Paar zu mir. Sie hatten eine Serie „Hartes Deutschland“ gesehen und wollten sich bei einem Wochenendtrip die Situation ansehen und helfen. Mir haben sie neue Winterschuhe geschenkt, meiner Freundin ein Packen dicker Socken. Was mich überrascht hat, ist, dass ausgerechnet die Heilsarmee hier auf dem Kiez so viel macht. Dort gibt es dreimal die Woche Essen, und Kleidung bekommt man dort auch.
Mir ist es generell wichtig, dass ich mich wohlfühle. Es gibt ein paar Adressen, wo ich duschen kann, und einige Cafés in der Nähe, in denen man in Ruhe sitzen kann. Das Essen hier schmeckt meistens ganz gut. Was mich glücklich macht, ist, dass die Menschen in den Einrichtungen alle nett sind. Ich fühle mich immer willkommen und jede:r tut sein oder ihr Bestes. Ich habe den Eindruck, dass in Hamburg niemand verhungern muss. Nur mit den Schlafplätzen sieht es schlecht aus. Da finde ich oft keine sichere Lösung. Protokoll: Nele Beste
Dennis, 39, Bremen: „Es ist wichtig, regelmäßig was Warmes zu essen“
Ich lebe seit einem halben Jahr auf der Straße. Davor hatte ich eine Zeit lang eine Wohnung, aber davor hab ich auch schon auf der Straße gelebt. Noch haben wir ja Glück mit dem Wetter, aber wenn es kälter wird, weiß ich noch nicht genau, was ich mache. Wärme finde ich eigentlich gar nicht so wichtig. Na ja, nachts packe ich mich eben in mehrere Schlafsäcke ein. Und ich habe ein Wurfzelt, da schlafe ich mit meiner Freundin Jacky und Mütze, unserer Hündin. Das Zelt verstecken wir immer irgendwo im Gebüsch. Man muss echt aufpassen, mir wurde schon einmal ein Zelt geklaut.
Wir schlafen an ganz unterschiedlichen Ecken, aber wir suchen uns immer ruhige Orte mit möglichst wenig Menschen. Das ist sicherer, gerade für Jacky als Frau. Irgendwo außerhalb eben. Stress gehen wir eigentlich immer aus dem Weg. Vielleicht habe ich deshalb bisher keine Gewalt erlebt. Manche suchen den Stress ja richtig.
Im Moment habe ich kein Handy. Aber Internet gibt’s ja eigentlich überall. Wenn ich ein Handy habe, dann gehe ich immer in die Stadtbibliothek oder zu Rewe oder so fürs WLAN. Warmes Essen bekomme ich von den Suppenengeln, im Café Papagei oder beim Bremer Treff. Das kostet halt ein bisschen, es lohnt sich aber. Es ist wichtig, regelmäßig was Warmes zu essen. Dort trifft man auch immer andere Menschen. In der Oase kann man heiß duschen und Kleidung waschen. Das kostet nichts. Ich nehme eigentlich nie die Bahn, laufe immer oder fahre Rad. Die Kälte ist scheiße, aber ich mache mir keine Sorgen. Ich habe eigentlich alles, was ich brauche. Protokoll: Amanda Böhm
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