Menschen, die Neues suchen

Die taz feiert ihren 30. Geburtstag mit einem Kongress im Berlin – vom 17. bis 19. April 2009. Was wird das? Ein Bericht aus der Kongresswerkstatt

Der taz-Kongress: kein Gejammer, keine Nostalgie. Kein Achtundsechzig-Lagerfeuer. Dafür Fragen, die sich jetzt stellen

Von Jan Feddersen

Dienstag für Dienstag, jeweils ab 13 Uhr, tagt das Geburtstagskomitee der taz. Deren 30. Geburtstag ist nächstes Jahr. Und daher findet vom 17. bis 19. April im Haus der Kulturen der Welt in Berlin der taz-Geburtstagskongress unter dem Motto „!Tu was? – Freiheit & Utopie“ statt. Und zwar in Kooperation mit dem Haus an der Spree, genau in Sichtweite des Bundeskanzleramtes – in der früheren Kongresshalle, an einem Ort künstlerischer Avantgarde und Zukunft. Das Motto ist nicht nur Verneigung vor diesem Kongressort, sondern programmatisch: !Tu was? verkörpert eine Fragestellung als Appell. Etwa im Sinne von „Bitte keine Fragen nach dem, was nicht geht, sondern lieber Lösungen für das, was angemessen ist, was die Welt besser macht“. Freiheit & Utopie sind zwei Stichworte, die in einer linkslibertären Tradition stehen – eine Absage an Fantasien vom Kollektiven wie eine Einladung zur Skizze von dem, was über das Hier & Jetzt hinaus das Weiter- und Bessermachen lohnt.

Unsere Themen ignorieren Gejammer oder Nostalgien über vergangene Schlachtanordnung. Kein Achtundsechzig-Lagerfeuer. Besser: Ein Programm, das die lustvolle Unbequemlichkeit des Nachdenkens von Besserungschancen bietet. Fragen, die sich vorläufig so stellen: Wie wollen wir zusammenleben? Welche Sicherheit wollen wir – und welche Freiheit? Wie lindert man Armut und Perspektivnöte? Was steckt im neuen Feminismus – und wo könnte er für zu leicht befunden werden? Wie bannt man politisch wie persönlich das, was man Klimakatastrophe nennt? Wie hilft man in der Globalisierung jenen Erdenteilen, die von Krieg und Elend heimgesucht sind? Wie verführt man Menschen zum ökologischen Lebensstil? Haben Autos als Mobilitätsmittel ausgedient – oder fahren wir bloß die uncoolsten Autos? Welche Bündnisse in Deutschland sind nützlich, um die Welt besser zu machen, Rot-Rot-Grün oder gar Schwarz-Grün? Dürfen Linke modisch sein – oder reicht eine Ästhetik aus Sack & Asche? Ein Lobpreis der Warenwelt – oder warum jede Konsumismuskritik scheitern muss. Wie sollen wir reisen – und wohin? Ist Migration eine Tugend – oder wird sie romantisiert? Warum haben Frauen Angst vor dem dicken Geldverdienen? Ist Obama, dann 100 Tage im Amt, immer noch ein Hoffnungsträger, der Unterstützung verdient? Wie muss eine Ökonomie in verarmten Ländern verfasst sein, damit sie möglichst vielen Menschen Hilfe zur Selbsthilfe gibt? Lohnt sich utopisches Denken noch – oder ist es endlich Zeit, vor allem pragmatisch zu fantasieren?

Wir erwarten Menschen, die Neues denken, suchen und wollen. Bereits zugesagt haben z. B., die Soziologin Saskia Sassen, der Kulturwissenschaftler Richard Sennett, die Sexualhistorikerin Dagmar Herzog, der Migrationsexperte Paul Scheffer wie die Autorin Hilal Sezgin, der Literaturwissenschaftler Andreas Kraß wie die Auslandsreporterin Carolin Emcke. Geladen sind Klimaforscher, Experten für innere Sicherheit wie für Lebensstilfragen. Willkommen ist dem Kongress alles, was an Initiativen unserer These beipflichten möchte: Der Kongress ist selbstverständlich ein tanzender. Die Verhältnisse in Schwung zu bringen, dieses Ziel beinhaltet und benötigt selbstverständlich ein kulturelles Programm, das sich cool wie leidenschaftlich in die Berliner Morgen hineinziehen wird. Die taz als Labor wie Vulkan – genug ist nie genug, das gilt erst recht nach 30 Jahren Publizistik, die anderen oft ein Ärgernis, häufiger ein Vorbild, manchmal sogar ein Leitstern der Lust an Aufklärung und engagierter Schärfe war. Als Moderator des Freitagabends hat sich das legendäre Studio Braun bereit erklärt, die Geburtstagsparty zu dirigieren – zeitgenössisches Entertainment mit hohem Interaktionsfaktor.

Das Team für den taz-Kongress, das sind Gina Bucher, Kulturwissenschaftlerin, Mareike Barmeyer, Soziologin, Jan Michael Ihl, Netzwissenschaftler, Annette Schöler, Managerin, Meike Jansen, Kulturscoutin, Nina Schönian, Kreativchefin, und Willi Vogelpohl, Werbechef, sowie Jan Feddersen, Soziologe – und Sie.

Ideen und Wünsche sind hochwillkommen. Bitte nehmen Sie Kontakt mit uns auf: 30jahretaz@taz.de