Zwischen Politik und Privatem

Man darf Oum Shatt getrost als Berliner Super-Group bezeichnen. Denn zusammengefunden haben sich hier Jonas Poppe, der einst schon bei der Pophoffnung Kissogram sang, Mina-Gründungsmitglied Hannes Lehmann und Chris Imler, der hier und dort und überall hinter den Trommeln saß und sitzt. Diese versammelte Kompetenz hat sich für ihre erste EP „Power To The Women Of The Morning Shift“ dazu durchgerungen, so etwas wie den kleinsten gemeinsamen Nenner ihres bisherigen Schaffens zu errechnen: Von Kissogram stammt das elegante, aber dunkle Popverständnis und von Mina die auf behutsamen Spannungsaufbau setzenden Songstrukturen. Imler schließlich bringt seine bekannte Stilsicherheit mit und ein Schlagzeugspiel, das ganz dicht am Herzschlag pulsiert. Dazu singt Poppe auf Englisch vom toten Winkel zwischen Politik und Privatem. Als die Märkte kollabierten, heißt es in „Madame O.“, lagen wir im Bett und redeten über Liebe und Verlust. Das damit notgedrungen einhergehende Pathos fangen Oum Shatt aber geschickt ab, indem sie ihren cool dahinschleichenden Indie-Rock denkbar einfach und damit effektvoll halten.

Ähnlich verhalten sich Skiing, obwohl sie keine so weit zurückreichende Vorgeschichte und die damit verbundene Erfahrung vorzuweisen haben. Das Quartett, dessen Mitglieder aus England, Australien und den USA stammen und in Berlin zusammengefunden haben, offenbart aber ein großes Talent dafür, nur die allernötigsten Töne zu spielen. Auf ihrem dritten Album „Holly“ präsentiert die Band eindeutig definierten, knochentrockenen Bandsound, der auf Surf-Pop-artigen Harmonien und einen immerzu swingenden Rhythmus baut, seine Spannung aber vor allem daraus bezieht, dass die demonstrative Reduziertheit im Widerstreit liegt mit den berückenden Gesangsmelodien. Deren schiere Schönheit wächst noch einmal dank der Beschränkung auf denkbar einfachste Mittel, denn Skiing verzichten nicht nur darauf, ihren Sound mit den heute üblichen digitalen Hilfestellungen aufzumotzen, sondern auch auf altmodischere, analoge Effekthascherei. Denn Skiing sind mutig und zugleich schlau genug zu wissen, wann man aufhören muss: Bevor es langweilig werden könnte, sind die Stücke, die mitunter nicht einmal eine Minute dauern, auch schon wieder vorbei.

THOMAS WINKLER

■ Oum Shatt: „Power To The Women Of The Morning Shift“ (oumshatt.bandcamp.com), EP-Release-Party am 26. 9. im Monarch ■ Skiing: „Holly“ (skiing.bandcamp.com), Record-Release-Party am 26. 9. im Westgermany