Metallstück in der Socke

NEONAZIS Im niedersächsischen Delmenhorst wächst seit Jahren die rechtsextreme Szene. Seit gestern steht dort ein Antifaschist vor Gericht: Er soll einen Neonazi verletzt haben – der aber war bewaffnet

Auch der Bürgermeister bezeugte, der Angriff sei nicht von den Linken ausgegangen

Manches gibt Mario M. selbst zu: Zugegangen sei er auf die vier linken Jugendlichen. Er habe sich einen Boxer-Zahnschutz in den Mund geschoben und eine Socke über seinem Kopf geschwungen – in der Socke war ein handtellergroßes Stück Metall.

Seit gestern verhandelt das Amtsgericht Delmenhorst wegen des Vorfalls, der sich am 4. März 2010 auf dem dortigen Rathausplatz zutrug. Wegen Körperverletzung angeklagt ist allerdings nicht der sockenschwingende Neonazi Mario M., sondern Patrick M., einer der vier anderen Beteiligten.

Barbara Schneider von der Initiative „Eltern gegen Rechts“ ist nicht überrascht: „In der Stadt wird seit Langem so gehandelt, als würden nur rivalisierende Jugendgangs aufeinandertreffen, die Neonazis werden verharmlost.“

Seit 2008 wächst in Delmenhorst die Neonazi-Szene stetig – und mit ihr die Gewalt: Überfälle auf Jugendtreffs, zahlreiche Körperverletzungen, gar Morddrohungen. „Es gipfelte 2010 in zwei Brandanschlägen auf Autos der Familien von antifaschistischen Jugendlichen“, so Schneider. Mario M. gilt als zentrale Figur der rechtsextremen „Aktionsgruppe Delmenhorst“.

Bei der Schlägerei vor zwei Jahren auf dem Rathausplatz wurden sowohl der Neonazi als auch einer der Linken am Kopf verletzt. Patrick M. soll Mario M. getreten haben. Vor Gericht beschreibt die städtische Sozialarbeiterin Marlies L. den Vorfall jedoch eindeutig als einen weiteren Angriff Mario M.s: „Aggressiv und zielstrebig“ sei der auf die Gruppe zugegangen. Mit einem Kollegen hatte L. die vier Linken ins Rathaus begleiten wollen: zu einer Ausstellung über „Rechts- und Linksextremismus“. Zuvor hatte Mario M. dort zum wiederholten Mal ein Hausverbot missachtet und Flugblätter verteilt.

Auch Delmenhorsts Bürgermeister Patrick de la Lanne (SPD) hatte die Szene beobachtet und bezeugte, der Angriff sei nicht von den Linken ausgegangen. Der Prozess wird am 6. Februar fortgesetzt. JPB